Steuerhinterziehung durch Onlinehändler bei Ebay wegen fehlender Bescheinigung nach § 22f UStG
In den letzten Jahren kam es immer wieder vor, dass Onlinehändler, die ihre Waren beispielsweise bei Ebay anbieten, ihre Gewinne nicht korrekt versteuert haben. Dem hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 22f Umsatzsteuergesetz (UStG) einen Riegel vorgeschoben. Seit Januar 2019 haften die Betreiber von Internetplattformen (Ebay usw.) für die Umsatzsteuer der bei ihnen angemeldeten gewerblichen Verkäufer. Um sich vor der steuerlichen Haftung zu schützen, drohen die Internetplattformen inzwischen ihren Händlern die Löschung des Profils an, wenn keine Bescheinigung vorgelegt werden kann, dass eine steuerlich korrekte Meldung erfolgt. Händlern, die keine Bescheinigung vorlegen können, droht nicht nur die Löschung ihres Ebay-Profils. Auch die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung ist wahrscheinlich.
1. Steuerhinterziehung auf eBay
Die Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung auf Ebay sind vielfältig. Die Spanne reicht vom Kleinunternehmer, der die Formvorschriften, die für Kleinunternehmer gelten, nicht so genau nimmt, bis hin zu international organisierten Kartellen. So kam es beispielsweise in der Vergangenheit immer wieder zu Aufsehen erregenden Prozessen gegen chinesische Händler, die in Deutschland Scheinfirmen gründeten, unter deren Namen Waren auf Ebay verkauft wurden. Hierzu wurden oft Strohleute als GmbH-Inhaber und Geschäftsführer eingesetzt, die gar nicht wussten, wozu ihr Name missbraucht wird. Derartige Scheingesellschaften werden oft in regelmäßigen Abständen neu gegründet. Das Finanzamt brauchte oft einige Monate, bis es die kriminellen Firmen identifiziert hat. Auf diese Weise war es möglich, regelmäßig neue Scheinfirmen zu gründen.
Ein solche „Katz- und-Maus-Spiel“ mit dem Finanzamt wird durch die neue Regelung des § 22f UStG deutlich erschwert. Die Steuerfahnder können nun innerhalb weniger Sekunden feststellen, ob die Ebay-Verkäufe ordnungsgemäß versteuert werden, insbesondere ob die Umsatzsteuer korrekt abgeführt wird.
2. Wer muss eine Bescheinigung nach § 22f UStG vorlegen?
In den letzten Monaten fordert Ebay seine gewerblichen Händler unmissverständlich auf, nachzuweisen, dass die Umsätze und Einkünfte, die über den Onlinehandel erwirtschaftet werden, beim Finanzamt erklärt wurden:
„Damit Ihr eBay-Konto nicht gesperrt wird, müssen Sie einzig und allein die „Bescheinigung nach § 22f UStG“ von Ihrem Finanzamt hochladen.“
Auf den entsprechenden Bescheinigungen muss eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) vermerkt sein. Sie muss vom zuständigen Finanzamt ausgestellt, gestempelt und unterschrieben werden.
Ebay fordert diejenigen Verkäufer zur Vorlage entsprechender Bescheinigungen auf, die anhand der Umsätze bzw. der Anzahl der Verkäufe intern als gewerblich eingestuft werden. Irrelevant ist es dabei, ob der Verkäufer selbst sich als gewerblicher Verkäufer bezeichnet. Irrelevant ist auch, ob ein entsprechendes Gewerbe beim Gewerbeamt angemeldet wurde. Denn für eine gewerbliche Tätigkeit im umsatzsteuerrechtlichen Sinn genügt es, wenn regelmäßig Waren mit Gewinnerzielungsabsicht veräußert werden. Ein Gewerbe wurde beispielsweise schon in Fällen angenommen, bei denen eine Mutter in mehr als fünf Auktionen pro Monat die gebrauchten Kleidungsstücke ihres Babys verkaufte. Gewerblichkeit kann auch angenommen werden, wenn es nur wenige Verkäufe gibt, aber diese hohe Werte betreffen, beispielsweise beim Verkauf von Kunstgegenständen.
Umsatzsteuerpflichtig sind alle Verkäufer mit Sitz in Deutschland. Dasselbe gilt bei dem Verkauf von Waren, die in Deutschland gelagert werden oder an Privatpersonen in Deutschland ausgeliefert werden.
Für jedes Ebay-Konto verlangt die Plattform eine eigene, gesonderte Bescheinigung nach § 22f UStG.
3. Sind auch Kleinunternehmer betroffen?
Ja. Denn die sogenannte Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG greift nur dann ein, wenn in den entsprechenden Rechnungen auf die Eigenschaft als Kleinunternehmer hingewiesen wird. Dies wird von vielen Händlern nicht beachtet, selbst wenn die Umsätze 17.500,00 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr bzw. 50.000,00 Euro im laufenden Kalenderjahr nicht überschreiten.
4. Was passiert, wenn keine Bescheinigung vorgelegt werden kann?
Ebay wird die Konten von Verkäufern, die keine Steuerbescheinigung nach § 22 UStG vorlegen können, sperren. Dies kann für einen Händler, der beispielsweise über Jahre hinweg gute Bewertungen aufgebaut hat, existenzvernichtend sein.
Ebay-Händler, die in der Vergangenheit keine Umsatzsteuer erklärt und abgeführt haben, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wären, haben ein Problem. Denn sie werden keine Bescheinigung vom Finanzamt erhalten.
Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt auf den Vorgang aufmerksam wird, sehr hoch. Zwar ist Ebay nach der gesetzlichen Neuregelung nicht verpflichtet, von sich aus die „schwarzen Schafe“ d.h. diejenigen Händler, deren Konto gesperrt wird, dem Finanzamt zu melden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt die dahinterstehenden Umsatzsteuerhinterziehungen entdeckt, ist gleichwohl sehr groß. Denn das Finanzamt hat die Möglichkeit, bei Ebay-Händlern eine anlasslose Sammelanfrage zu stellen. Mit anderen Worten: Das Finanzamt braucht nur bei Ebay anzurufen und eine Liste aller betroffenen Händler anzufordern. Es muss hierfür keine besonderen Gründe nennen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt von der Möglichkeit entsprechender Anfragen Gebrauch macht, ist sehr hoch. Es ist gerade der Sinn und das Ziel der Neufassung des Gesetzes, die „schwarzen Schafe“ unter den Online-Händlern mit den Mitteln moderner EDV schnell und flächendeckend herauszufiltern. Ebay wird die Anfragen des Finanzamts auch beantworten, denn andernfalls würde die Online-Plattform selbst für die nicht abgeführten Steuern der Händler haften.
Die „anlasslosen Sammelanfragen“ ergeben sich aus dem Gesetzestext etwas versteckt. In § 22f Abs. 3 S. 2 UStG heißt es: „Stellt die Finanzbehörde ein Sammelauskunftsersuchen (§ 93 Abs. 1a S. 1 AO) findet, § 93 Abs. 1a S. 2 der Abgabenordnung keine Anwendung“. In § 93 Abs. 1a S. 2 der Abgabenordnung ist geregelt, dass normalerweise eine Behörde nur dann massenweise Daten erheben darf, wenn es dazu einen besonderen Grund gibt. Dieser Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, der auch der Wahrung des Steuergeheimnisses dient, ist in den Ebay-Fällen durch die Verweisung in § 22f Abs. 3 S. 2 außer Kraft gesetzt.
Mit anderen Worten: Niemand kann sich dagegen wehren, dass seine Daten früher oder später beim Finanzamt landen. Dieses muss dann nur noch die Höhe der Umsätze innerhalb der letzten Jahre überprüfen. Stellt sich heraus, dass keine entsprechenden Steuern abgeführt wurden (was ebenfalls automatisiert auf Knopfdruck innerhalb weniger Sekunden geprüft werden kann), besteht der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung. Das Finanzamt wird dann die Bußgeld- und Strafsachenstelle bzw. die Staatsanwaltschaft informieren und es kommt zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens.
Fälschungen einer Bescheinigung nach § 22f UStG dürften übrigens schnell auffliegen. Das Finanzamt kann automatisiert ohne großen Aufwand feststellen, welche Bescheinigungen echt sind.
In der Vergangenheit kam es auch vor, dass (unseriöse) Händler die Umsatz-Steuer-Nummern anderer (seriöser) Händler auf ihren Rechnungen verwendet haben, um kurzfristig den Anschein von Steuerehrlichkeit zu erwecken. Auch ei solcher „Identitäts-Diebstahl“ dürfte zukünftig schnell auffliegen.
5. Strafbefreiende steuerliche Selbstanzeige von Ebay-Händlern
Wird ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird, droht eine Bestrafung der verantwortlichen Händler. Je nachdem, wie hoch die Höhe der hinterzogenen Steuern war, kommt es zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe. Bei geringeren Hinterziehungssummen besteht auch die Möglichkeit, das Steuerstrafverfahren gegen die Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a StPO einzustellen.
Für Ebay-Händler, die es in der Vergangenheit mit der Steuer nicht so genau genommen haben, gibt es einen Weg, wenigstens der drohenden Bestrafung zu entgehen:
Gemäß § 371 der Abgabenordnung (AO) besteht bei Steuerhinterziehung die Möglichkeit einer strafbefreienden steuerlichen Selbstanzeige. Dieser Paragraph wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert. Sich an das Finanzamt zu wenden, bevor eine wirksame Selbstanzeige abgegeben wurde, wäre jedoch ein fataler Fehler. Die Folgen einer übereilten und schlecht gemachten Selbstanzeige sind spätestens seit dem Fall des Uli Hoeneß einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Eine steuerliche strafbefreiende Selbstanzeige ist inzwischen nur noch etwas für Profis. Sie ist aber nach wie vor möglich und in vielen Fällen auch sinnvoll.
Ebay-Händler, die jetzt Aufforderungen erhalten, Steuerbescheinigung gemäß § 22f UStG vorzulegen und hierzu nicht in der Lage sind, sollten sich daher an einen Rechtsanwalt, der sich auf das Steuerstrafrecht spezialisiert hat, wenden. Bei schnellem Handeln besteht dann die Möglichkeit, mit einem „blauen Auge“ – nämlich der Zahlung der ausstehenden Steuern plus Zinsen – davon zu kommen.
Wenn eine wirksame Selbstanzeige abgegeben wurde, besteht auch die Chance, bald eine Steuerbescheinigung vom Finanzamt zu erhalten – und damit den Ebay-Accout zu retten.