Ein Angehöriger von mir wurde festgenommen. Was soll ich tun?

Eine Festnahme ist nicht nur für den Betroffenen ein einschneidendes Ereignis, sondern stellt auch Angehörige vor Herausforderungen.

In einigen Fällen wird dem Festgenommenen gewährt, einen Angehörigen von der Festnahme selbst telefonisch zu benachrichtigen. Die Kontaktaufnahme wird in der Regel überwacht. Gespräche über den Tatvorwurf sind zu vermeiden. Die meist nur kurze Unterhaltung sollte auf wesentliche organisatorische Aspekte beschränkt werden.

Nimmt der Festgenommene direkt Kontakt zu seinem Verteidiger auf, kann der Anwalt Angehörige des Betroffenen informieren.

Soll ich meinem Angehörigen einen Strafverteidiger besorgen?

Bei einer Festnahme ist die sofortige Kontaktaufnahme mit einem erfahrenen Strafverteidiger ratsam.

Der Betroffene steht nach einer Festnahme häufig unter Schock und sieht sich der Übermacht der Polizei ausgesetzt. In dieser Situation kann es schnell zu Kurzschlussreaktionen kommen. Der Betroffene glaubt, sich durch eine seiner Meinung nach entlastende Aussage aus dieser Situation befreien zu können. Eine unüberlegte Aussage bei der Polizei führt jedoch häufig zu belastenden Verdachtsmomenten, die sich im Laufe des Verfahrens nachteilig für den Betroffenen auswirken.

Nach einer erfolgten Festnahme ist von einer Aussage bei der Polizei oder dem Ermittlungsrichter ohne Absprache mit dem Verteidiger abzuraten.

Der Festgenommene kann jederzeit verlangen, seinen Anwalt zu kontaktieren. Hat der Festgenommene noch keinen Anwalt, ist ihm Gelegenheit zu geben einen Anwalt auszuwählen. Die Kontaktaufnahme ist ihm zu ermöglichen. Sobald ein Haftbefehl gegen den Betroffenen vorliegt, ist ein Fall der notwendigen Verteidigung (sog. Pflichtverteidigung) gegeben. Das Gericht hat dem Inhaftierten einen Verteidiger zu bestellen.

Bei der Auswahl des Verteidigers können Angehörige behilflich sein. Im Gegensatz zum Festgenommenen können Angehörige „in Ruhe“ nach einem erfahrenen Spezialisten, beispielsweise einem Fachanwalt für Strafrecht, suchen.

Bei einer Festnahme am Wochenende oder außerhalb der üblichen Bürozeiten steht dem Betroffenen und den Angehörigen im Raum Nürnberg/Fürth der Strafverteidigernotruf zur Verfügung. Über diese Nummer kann ein Anwalt kontaktiert werden, der in geeigneten Fällen den Betroffenen unverzüglich persönlich aufsucht.

Was geschieht nach der Festnahme?

Der Festgenommene wird spätestens am Tag nach der Festnahme dem Haftrichter vorgeführt. Dieser entscheidet darüber, ob der Haftbefehl aufrechterhalten oder aufgehoben bzw. außer Vollzug gesetzt wird.

Wird der Haftbefehl aufrechterhalten, wird der Betroffene in die Untersuchungshaftanstalt verbracht.

Gegen den Haftbefehl kann schriftlich Haftbeschwerde eingelegt werden.

In vielen Fällen besser geeignet als die Haftbeschwerde ist ein Antrag auf mündliche Haftprüfung, die zu einer Anhörung vor dem Ermittlungsrichter führt. Der Ermittlungsrichter entscheidet dann erneut über die Fortsetzung der Untersuchungshaft, nachdem er sich einen persönlichen Eindruck von dem Beschuldigten verschafft hat.

Was kann ich als Angehöriger tun, um dem Betroffenen die Untersuchungshaft zu erleichtern?

Wenn der Haftbefehl aufrechterhalten wird und der Betroffene vorerst in Untersuchungshaft bleiben muss, stehen Angehörige vor der Aufgabe, dem Festgenommenen zur Seite zu stehen. In dieser stressigen Lebenssituation sollten Angehörige einen kühlen Kopf bewahren und den Betroffenen unterstützen, um die Zeit in der Untersuchungshaftanstalt so wenig belastend wie möglich zu gestalten.

Als erstes sollte ein Angehöriger dem Betroffenen etwas Geld auf ein gesondertes Konto bei der Untersuchungshaftanstalt überweisen. Mit diesem Geld kann der Betroffene in der Haftanstalt Hygieneartikel (Zahnbürste, Shampoo etc.), Genussmittel wie beispielsweise Schokolade oder Zigaretten sowie Schreibutensilien und Briefmarken erwerben. Die Kontoverbindung erfahren Sie von der jeweiligen Untersuchungshaftanstalt. Viele Justizvollzugsanstalten, wie beispielsweise die JVA Nürnberg, halten die Kontodaten auch im Internet bereit.

Der Betroffene kann in der Untersuchungshaft in der Regel eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen (Ausnahmen werden in vielen Gefängnissen aber beispielsweise bei dem Vorwurf von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gemacht). Die Angehörigen haben Gelegenheit, dem Inhaftierten Kleidungsstücke in die Untersuchungshaft zu bringen.

Wie kann ich Kontakt in die Haft aufnehmen?

Für den Inhaftierten ist es meist wichtig, möglichst schnell Kontakt zu seinen Angehörigen zu haben. Nach einer Inhaftierung müssen sich die Angehörigen um eine Besuchserlaubnis kümmern. Diese kann auch vom Verteidiger beim zuständigen Ermittlungsrichter bzw. Staatsanwalt beantragt werden. Der erste Privatbesuch wird in der Regel ein bis zwei Wochen nach der Inhaftierung möglich sein.

Verteidiger haben die Möglichkeit, den Beschuldigten sofort, erforderlichenfalls sogar noch in der polizeilichen Vorführzelle, zu besuchen. Durch einen sehr frühen Verteidigerbesuch kann oft verhindert werden, dass durch unüberlegte Aussagen die Weichen für das weitere Verfahren falsch gestellt werden.

In der Untersuchungshaft kann der Betroffene auch Briefe von seinen Angehörigen empfangen, die eine Ablenkung vom Gefängnis-Alltag darstellen. Der Briefverkehr zur Familie und zu Freunden wird allerdings überwacht. Die Übermittlung der Briefe nimmt daher meist einige Zeit in Anspruch. Die Briefe dürfen keine Angaben zum Tatvorwurf enthalten, da sonst mit einer Beschlagnahme zu rechnen ist.

Festnahme Angehöriger

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