Hat das neue Geldwäsche-Gesetz Konsequenzen für ganz normale Unternehmen?
Bei dem Begriff Geldwäsche denken die meisten Menschen zuerst an Waffenhändler oder organsierte Prostitution. Manchem ist vielleicht bewusst, dass es beispielsweise für Banken und andere Unternehmen aus dem Finanzsektor die Pflicht gibt, besonders auffällige Geldbewegungen zu melden. Doch nur die Wenigsten sind sich im Klaren darüber, dass die Verpflichtungen aus dem Geldwäsche-Gesetz (GwG) auch „ganz normale Unternehmen“ treffen können.
Anmerkung: Vgl. auch den Artikel von RA Dr. Tobias Rudolph im DATEV-Magazin 02/2018: Der Staat im Kampf gegen Steuerdelikte – Geldwäsche stoppen.
Aktuell: Seit Anfang des Jahres 2020 werden vom Bundesverwaltungsamt Bußgeld-Bescheide an Unternehmen verschickt, die ihrer Pflicht zur Eintragung des Wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister, nicht nachgekommen sind. Die Pflicht zur Eintragung ins Transparenzregister wird durch die nachstehend aufgezeigten Privilegierungen für Güterhändler nicht berührt. Sogar Unternehmen, die nicht Verpflichtete nach dem Geldwäsche-Gesetz sind, sind grundsätzlich zur Meldung ins Transparenzregister verpflichtet.
A. Privilegierte Güterhändler und das neue Geldwäsche-Gesetz
Am 26.06.2017 ist das neue Gesetze über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) in Kraft getreten. Es erweitert die Anforderungen an die Unternehmen bezüglich der Geldwäsche-Compliance erheblich. Während das alte Geldwäschegesetz aus 17 Paragraphen bestand, enthält dieses nun 59. Während das Gesetz in der alten Fassung 17 Buß-geldtatbestände aufführte, sind es nunmehr 64.
Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welche Anforderungen das Gesetz für so-genannte Güterhändler stellt – d.h. Unternehmen, die nicht dem Finanzsektor und auch keiner anderen Risiko-Branche (Veranstalter von Glückspielen, Makler usw.) angehören.
Grundsätzlich gehören die sogenannten Güterhändler, d.h. Unternehmen, die mit Kunden typischerweise Kaufverträge abschließen, zu den Verpflichteten des Geldwäsche-Gesetzes. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diese Pflichten auf ein Minimum zu reduzieren – allerdings nur dann, wenn sichergestellt wird, dass keine Bargeldgeschäfte vorgenommen werden, die den Betrag von 9.999,99 Euro überschreiten.
Um den Pflichten des Geldwäsche-Gesetzes zum entkommen, müssen die Unternehmen, die als sogenannte „privilegierte Güterhändler“ auftreten wollen, gleichwohl einige Besonderheiten beachten.
B. Verpflichtete nach dem GwG
Die Verpflichteten des Geldwäschegesetzes sind in § 2 GWG n.F. aufgelistet. Während unter den Ziffern 1 bis 15 dieser Auflistung vor allem typische Unternehmen der Finanzindustrie, Immobilienmakler und – seit neuestem auch Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen genannt sind, werden unter § 2 I Nr. 16 GwG auch die sogenannten Güterhändler erfasst.
Der neue Begriff des Güterhändlers ist in § 1 IX GwG n.F. legal definiert. Darunter ist jede Person, die gewerblich Güter veräußert zu verstehen, unabhängig davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung sie handelt. Die Definition entspricht im Wesentlichen § 2 I Nr. 13 GwG nach alter Fassung („Personen, die gewerblich mit Güter handeln“). Damit sind auch juristische Personen gemeint.
Auch Strom-, Gas- und Wasserversorger sind Güterhändler, d.h. es kommt nicht auf den Aggregatzustand einer Sache an (vgl. BMF Schreiben vom 24.04.2012 – VII A 3 – WK 5023/11/10021).
C. Pflicht zur Einrichtung eines Risikomanagements
Grundsätzlich treffen Güterhändler dieselben – strengen! – Pflichten, wie Unternehmen aus dem Finanz-Sektor.
Allerdings gibt es die Möglichkeit, diese Pflichten auf ein Minimum zu reduzieren, sofern sicher-gestellt wird, dass keine Bargeld-Bewegungen in Höhe von 10.000,- Euro vorkommen (vgl. zu dieser Privilegierung unten, unter E.).
Grundsätzlich müssen die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz über ein wirksames Risikomanagement verfügen, das im Hinblick auf Art und Umfang ihrer Geschäftstätigkeit angemessen ist (vgl.§ 4 Abs. 1 GwG n.F.).
Das Risikomanagement umfasst gemäß § 4 Abs. 2 GwG n.F. eine Risikoanalyse nach § 5 sowie interne Sicherungsmaßnahmen nach § 6 GwG.
Verantwortlich für das Risikomanagement ist ein zu benennendes Mitglied der Leitungsebene, § 4 Abs. 3 GwG n.F.
Zu den Anforderungen an ein Risikomanagement im Einzelnen:
a) Risikoanalyse (§ 5 GwG n.F.)
Es ist zu erwarten, dass die Aufsichtsbehörden eine unternehmensspezifische, in sich schlüssige und Plausibilisierungswege dokumentierte Darstellung verlangen. Der Risikoidentifizierung und Bewertung ist eine Beschreibung des Unternehmens inklusive der Geschäftsbereiche und Produkte erforderlich. Die Risikoanalysen sind turnusgemäß bzw. anlassbezogen zu überprüfen und anzupassen und müssen auf Verlangen der Aufsichtsbehörde zur Verfügung gestellt werden (vgl. § 5 II Nr. 2 u. 3 GwG n.F.)
b) Sicherungsmaßnahmen
1. Interne Sicherungsmaßnahmen, § 6 GwG n.F.
Die obligatorischen internen Sicherungsmaßnahmen als Teil des Risiko-Managements sind bei-spielhaft in § 6 II GwG n.F. aufgeführt (bisher § 9 GwG a.F.).
Neu ist insbesondere Folgendes:
• Schaffung einer gruppenweiten Geldwäsche-Compliance-Organisation (Nr. 3)
• Überprüfung der internen Grundsätze und Verfahren durch einen unabhängigen Prüfer „soweit diese Überprüfung angesichts der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit angemessen ist“ (Nr. 7)
• – Einrichtung eines Hinweisgebersystems, § 6 V GwG n.F.
Diesem Erfordernis dürfte durch das Konzept eins Vertrauensanwalts zur Korruptionsprävention („Ombudsmann“) Genüge getan sein. Nach der erstmaligen Einrichtung der internen Sicherungsmaßnahmen besteht weiterhin die Pflicht, die Funktionsfähigkeit der Maßnahmen zu überwachen und gegebenenfalls zu aktualisieren (§ 6 I S. 3 GwG n.F.). Dies sollte dokumentiert werden.
2. Verantwortliches Mitglied auf Leitungsebene, § 4 III GwG n.F.
Der Begriff der „Leitungsebene“ ist gesetzlich nicht definiert. Der Begriff wurde jedoch offen-sichtlich in Abgrenzung zur legal definierten „Führungsebene“ (vgl. § 1 XV GwG n.F.) gewählt, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Verantwortlichkeit für das Risikomanagement gerade nicht delegierbar ist. Die Verantwortlichkeit trifft damit im Fall einer Aktiengesellschaft ein Mitglied des Vorstands. Das zu benennende Mitglied des Vorstands kann nicht zugleich Geldwäschebeauftragter sein (vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 113).
3. Gruppenweiter Ansatz, § 9 GwG n.F.
Für Unternehmensgruppen muss das Mutterunternehmen die Risikoanalyse für die gesamte Gruppe, d.h. für alle gruppenangehörigen Unternehmen, Zweigstellen und Niederlassungen durchführen. Interne Sicherungsmaßnahmen müssen gruppenweit einheitlich sein.
D. 10.000,- Euro-Grenze und Smurfing
Für Güterhändler sind bei eingeschränkten Bargeldgeschäften i.S.v. § 4 IV GwG n.F. Erleichterungen möglich.
Ein Risikomanagement müssen sie nur einrichten, soweit im Rahmen von Transaktionen Barzahlungen von mindestens 10.000,00 Euro getätigt oder entgegengenommen werden.
Das bedeutet, jede Transaktion die den Maximal-Betrag von 9.999,99 Euro (!) über-schreitet, führt dazu, dass sich das Unternehmen nicht mehr auf die Privilegierung berufen kann.
Entgegen der früheren Fassung des Gesetzes (vgl. § 3 II S. 5 GwG a.F.) kommt es nicht mehr nur auf die Annahme von Bargeld an. Vielmehr führt auch die aktive Bar-Zahlung („tätigen“) durch das Unternehmen ab einem Betrag von 10.000,00 Euro zum Wegfall der Privilegierung.
Der Begriff der Transaktionen ist in § 1 V GwG n.F. legal definiert:
„Transaktion im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind eine oder, soweit zwischen ihnen eine Verbindung zu bestehen scheint, mehrere Handlungen, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensverschiebung bezweckt oder bezwecken oder bewirkt oder bewirken.“
Durch diese Definition hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die 9.999,99 Euro-Grenze auch in Fällen sogenannten Smurfings überschritten wird. Der Name Smurfing leitet sich vom englischen Wort für Schlümpfe (smurfs) ab, d.h. es handelt sich um eine Metapher von vielen kleinen Ein-heiten, die zusammen gehören.
Vgl. dazu die Kommentierung nach alter Rechtslage bei Herzog, Kommentar zum GwG, § 2 Rn. 189-192, 2. Aufl. 2014:
„Die (…)pflicht besteht grundsätzlich auch im Falle der künstlichen Aufsplittung von Bargeldbeträgen (Smurfing).“
Das Gesetz stellt darauf ab, ob die Handlungen, die zu der Geldbewegung führen, einen Zusammenhang zu haben scheinen. Auf das tatsächliche Bestehen des Zusammenhangs kommt es folglich nicht an. Das bedeutet, dass derjenige, der sich auf die Privilegierung beruft, im Zweifel nachzuweisen hat, dass mehrere Geldbeträge, die z.B. durch dieselbe Person einbezahlt werden, oder die in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, dass die Zahlungen zusammen gehören.
Es genügt also nicht, Einzel-Einzahlungen auf maximal 9.999,99 Euro (!) zu beschränken.
Vielmehr muss das Risiko der künstlichen Aufspaltung von zusammengehörigen Verkaufsvorgängen je nach Geschäftsmodell analysiert werden bzw. es müssen entsprechende Sicherungsmaßnahmen bestimmt werden.
Bei Banken werden beispielsweise elektronische Algorithmen eingesetzt, um Smurfing zu erkennen. Voraussetzung für die Privilegierung ist daher eine angemessene Geschäftsorganisation zur Verhinderung von Barzahlungen in relevanter Höhe mit entsprechenden Kontrollen.
E. Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kunden, §§ 10 ff. GwG n.F.
a) Grundsätzliche Pflichten
Gemäß den §§ 10 ff. GwG treffen Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz grundsätzlich ins-besondere folgende weitere Pflichten, die über das Risikomanagement hinaus gehen:
(1) die Identifizierung des Vertragspartners und der ggf. auftretenden Person,
(2) die Prüfung, ob die für den Vertragspartner auftretende Person hierzu berechtigt ist,
(3) die Ermittlung und Identifizierung (§ 11 Abs. 5 GwG) des wirtschaftlich Berechtigten,
(4) die Feststellung, ob es sich bei dem Vertragspartner oder dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person handelt und
(5) die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung.
Der konkrete Umfang dieser Kundensorgfaltspflichten muss dem jeweiligen Geldwäscherisiko in Bezug auf den Vertragspartner, die Geschäftsbeziehung oder die Transaktion entsprechen. Dies kann von der Aufsichtsbehörde geprüft werden.
b) Auch hier: Privilegierung für Güterhändler
Auch hier gibt es eine jedoch eine Privilegierung für Güterhändler. Gemäß § 10 Abs. 6 GwG n.F. müssen diese ihre Kunden nur dann identifizieren, wenn
a) es sich bei den Vermögensgegenständen, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand von Geldwäsche handelt oder
b) die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen, oder
c) eine Transaktion mit Barzahlungen von mindestens 10.000,- Euro (d.h. über 9.999,99 Euro!) vorliegt.
Nach altem Recht bestand für Güterhändler zudem die Pflicht zur Erfüllung kundenbezogener Sorgfaltspflichten, wenn Zweifel bestanden, ob die aufgrund von Bestimmungen des GwG erhobenen Angaben zu der Identität des Vertragspartners oder des wirtschaftlich Berechtigten zutreffend sind. Dieser Auslösetatbestand ist mit der Novellierung des GwG für den Güterhändler entfallen.
Bei der Beurteilung, ob ein Geldwäsche-, Smurfing- oder Terrorismusverdacht vorliegt, ist kein Anfangsverdacht im strafprozessualen Sinne erforderlich. Die Schwelle wird bereits dann überschritten, wenn objektive erkennbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Transaktion dem Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung dienen soll. Dies kann z.B. bei Auffällig-keiten in der Abwicklung von Transaktionen der Fall sein sowie bei Abweichungen vom gewöhn-lichen Geschäftsgebaren der Beteiligten, sofern in ihnen ein Bezug zu einer Geldwäschetat bzw. einer Terrorismusfinanzierung erkennbar wird.
F. Geldwäsche-Beauftragter
Güterhändler i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG haben nicht zwingend einen Geldwäsche-Beauftragen zu bestellen. Denn sie fallen nicht unter den Katalog des § 7 Abs. 1 GwG.
Gemäß § 7 Abs. 3 GwG kann die Aufsichtsbehörde (z.B. die Regierung von Mittelfranken) im Einzelfall jedoch anordnen, dass ein Unternehmen einen Geldwäsche-Beauftragten zu bestellen hat. Gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 GwG wird dies der Regelfall sein, wenn die Haupttätigkeit des Verpflichteten im Handel mit hochwertigen Gütern besteht.
Würden Bartransaktionen über 10.000,00 Euro regelmäßig zugelassen, so wäre dies wahrscheinlich auch ein Anlass für die Aufsichtsbehörde, eine entsprechende Anordnung in Erwägung zu ziehen. Eine zwingende rechtliche Verknpüfung zwischen der 9.999,99 Euro-Grenze (bzw. der Privilegierung nach § 4 Abs. 4 GwG) und der Verpflichtung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten ergibt sich aus dem Gesetz jedoch nicht.
Im Gegensatz zur früheren Rechtslage ist nunmehr die Nichtbestellung des Geldwäschebeauftragten allerdings bußgeldbewehrt (§ 56 Abs. 1 Nr. 7 und 8 GwG n.F.). In den Fällen, in denen eine entsprechende Anordnung der Aufsichtsbehörde erfolgt, sollte dieser daher auch umgehend nachgekommen werden.
G. Zwischenergebnis
Sofern sichergestellt ist, dass keine Bar-Transaktionen über 9.999,99 Euro vorgenommen wer-den, entfallen die meisten Pflichten nach dem GwG.
Der privilegierte Güterhändler bleibt jedoch nach wie vor Verpflichteter nach dem GwG. Daraus folgt eine Pflicht zur Prävention bzw. Sicherstellung, dass die Voraussetzungen der Privilegierung überwacht und eingehalten werden.
Sofern auch nur in einem einzigen Fall die 9.999,00 Euro-Grenze überschritten wird, entfällt die Privilegierung – mit der Folge, dass eine Pflicht zum umfassenden Risikomanagement „wieder auflebt“ und die besonderen Sorgfaltspflichten gemäß §§ 10 ff. GwG zu beachten sind.
Nicht gesetzlich geregelt und auch noch nicht Gegenstand der Kommentarliteratur bzw. der Hinweise der Aufsichtsbehörden ist die Frage, wie lange ein Unternehmen nach einzelnen Transaktionen, die die 10.000,00 Euro-Grenze überschreiten, braucht, bis es sich wieder auf die Privilegierung berufen kann. Dies ist im Zweifel mit der jeweiligen Aufsichtsbehörde (z.B. der Regierung von Mittelfranken) abzustimmen.
Auch für privilegierte Güterhändler besteht eine Pflicht zur Verdachtsmeldung gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG i.V.m. §§ 43 ff. GwG n.F., wenn konkrete Anhaltspunkte auf eine mögliche Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hinweisen,
H. Verbleibende Präventionspflichten
a) Gesetzliche Grundlage
Das Gesetz enthält keine klare Aussage dahingehend, auf welcher Grundlage und nach welchem Sorgfaltsmaßstab ein privilegierter Güterhändler die verbleibenden geldwäscherechtlichen Pflichten erfüllen muss (vgl. dazu auch Henke/von Busekist in „Der Betrieb“, vom 14.07.2017, S. 1567 ff.: „Das neue Geldwäscherecht in der Finanzindustrie“, S. 1568 f.).
Als Mindestorganisation eines Risikomanagements sind denknotwendig mindestens folgende Standards zu erfüllen:
1) Sicherstellung, dass die 9.999,00 Euro-Grenze bei Bar-Transaktionen nie überschritten wird.
Schon das einmalige Überschreiten der 9.999,00 Euro-Grenze würde die besonderen Pflichten des Risikomanagements nach dem GwG auslösen.
2) Sicherstellung und Kontrolle, dass kein Fall sog. Smurfings vorliegt.
3) Sicherstellung, dass Anhaltspunkte auf eine mögliche Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bekannt und gemeldet werden-
Gesetzliche Grundlage hierfür dürfte jedoch nicht § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 GwG gelten (was teilweise unzutreffend behauptet wird). Denn das Gesetz bezeichnet die Risikoanalyse ausdrücklich als Teil des Risikomanagements, welches im Fall der Privilegierung nach § 4 Abs. 4 GwG gerade nicht verpflichtend ist.
Vielmehr dürfte die Pflicht zur vorsorgenden Kontrolle und Analyse ihre Wurzeln in der allgemeinen Aufsichtspflicht im Unternehmen haben, die aus den § 130 OWiG i.V.m. § 2 GwG folgt (in diesem Sinne wohl auch Henke/Busekist in „Der Betrieb“, vom 14.07.2017, S. 1567 ff.: „Das neue Geldwäscherecht in der Finanzindustrie“, S. 1568: „Da die Erfüllung der Pflichten nicht vom Zufall abhängig sein darf, wird eine Mindestorganisation des Risikomanagements auch weiterhin not-wendig sein“).
Rechtsprechung bzw. Kommentierungen zum neuen Gesetz sind noch nicht bekannt. Insbesondere die maßgeblichen Kommentierungen zum Geldwäschegesetz von Häberle in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, sowie Herzog, Geldwäschegesetz, betreffen ältere Fassungen des Gesetzes, die sich zum Teil erhebliche verändert haben. Auch die aktuelle Kommentierung in dem Handbuch von Böttger (Hrsg.) „Wirtschaftsstrafrecht in der Praxis“, bezieht sich auf den Rechtsstand aus dem Jahr 2015, d.h. die alte Fassung des Gesetzes.
b) Inhalt der Präventionspflichten
Wie genau die verbleibenden Präventionspflichten zu erfüllen sind, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dies richtet sich nach den jeweiligen Besonderheiten des Unternehmens.
Dabei werden zum einen Risikofaktoren gemäß der Anlage 1 und 2 nach dem GwG im Auge zu behalten sein.
In Anlage 1 werden Faktoren für ein potenziell geringeres Risiko aufgezählt, beispielsweise wenn es sich um öffentliches, an der Börse notiertes Unternehmen handelt bzw. ein Unternehmen das typischerweise mit transparenten Produkten handelt. Als typische Faktoren für ein potenziell höheres Risiko werden in Anlage 2 beispielsweise Kundenbeziehungen zu „verdächtigen Staaten“ genannt, bargeldintensive Geschäfte sowie die Betreuung vermögender Privatkunden.
Generell lässt sich für Unternehmen, die sich auf die Privilegierung berufen wollen, sagen:
Jeder Mitarbeiter – d.h. sowohl Vorstände als auch beispielsweise Sachbearbeiter im Vertrieb oder der Kundenbetreuung – sollte zumindest drei Dinge über das Geldwäschegesetz wissen:
1. Bartransaktionen über 9.999,99 Euro (aktiv und passiv) sind auszuschließen.
2. Hinweise, die auf eine Umgehung der 9.999,99 Euro-Grenze schließen lassen („Smurfing“), sind umgehend einer im Vorab zu bestimmenden Stelle im Unternehmen zu melden.
3. Fälle, die ein „ungutes Bauchgefühl“ hinterlassen (beispielsweise wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Kunde seine Identität verschleiert, wenn hohe Geldbeträge aus einem verdächtigen Auslandsstaat überwiesen werden oder wenn ein Kunde bei Geschäften unter mehreren Identitäten auftritt) müssen unternehmensintern einer verantwortlichen Stelle gemeldet werden.
Eine unternehmensintern verantwortliche Stelle hat dann zu entscheiden, ob eine Meldung nach dem GwG erfolgt bzw. ob andere Maßnahmen zu ergreifen sind.
Um diese Mindeststandards zu sichern ist daher empfehlenswert:
a) Festlegung von verantwortlicher Stelle, die Mindestanforderungen überwacht und gegebenenfalls Maßnahmen veranlasst (z.B. Rechts- bzw. Compliance-Abteilung);
b) entsprechende Richtlinien, die den Mitarbeitern zur Kenntnis gegeben werden;
Den Mitarbeitern sollten entsprechende Meldepflichten auferlegt werden. Dabei ist es möglich zu regeln, dass diesen auch dann nachgekommen wird, wenn eine Meldung an einen externen Compliance-Beauftragten (beispielsweise den „Ombudsmann“) des Unternehmens erfolgt.
c) Dokumentation der Maßnahmen bzw. der Meldungen und der daraus zu ziehenden Konsequenzen.
I. Fazit
Das Gesetz gibt den meisten Unternehmen die Möglichkeit, die Pflichten nach dem Geldwä-sche-Gesetz deutlich zu entschärfen. Um diese Privilegierung in Anspruch zu nehmen bedarf es jedoch einer gewissen Sorgfalt. Die Gesetzesänderung sollte zum Anlass genommen werden, das bestehende allgemeine Compliance-Konzept auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls anzupassen.