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Medizinstrafrecht

Im Juli 2012 kam es zu der Einleitung von Strafverfahren gegen Frauenärzte durch die Zollfahndung Essen. In einigen Fällen wurden die Praxen durchsucht. Durch die betroffenen Gynäkologen sollen Verhütungsmittel an Patientinnen verkauft worden sein, die aus dem Ausland importiert wurden.

Hintergrund ist, dass manche Wirkstoffe, die beispielsweise in Verhütungsmitteln verwendet werden, in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils eigenen Zulassungsverfahren unterliegen. Europaweit agierende Händler (insbesondere die Firma SIGMA GYN bzw. die Firma GP SUPPLIES Ltd.) haben sich dieses System zu Nutze gemacht und Gynäkologen in Deutschland Angebote über günstige Medikamente zugeschickt. Betroffen sind beispielsweise die Fertigpräparate Depocon, Sayana, Noristerat, Mirena oder Implanon. Verkauft wurden unter anderem Medikamente, die in Österreich, Zypern oder England zugelassen wurden – nur eben nicht in Deutschland. Das entsprechende nationale Zulassungsverfahren nach dem Arzeimittelgesetz (AMG) ist hier sehr formalistisch – obwohl die Medikamente in Deutschland mit derselben Zusammensetzung auch erhältlich sind und anerkannten Qualitätsstandards genügen.

Die Arzneimittelhändler, die sich nach außen offenbar nicht immer als ausländische Importeure zu erkennen gegeben haben, dürften ihre Gewinne nicht nur durch die Preisunterschiede gemacht haben, die es in den verschiedenen europäischen Ländern auf dem Medikamentenmarkt gibt. Profite lassen sich auch durch die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze generieren, die in den jeweiligen Ländern gelten. Während Arzneimittel in Deutschland mit 19 % Mehrwertsteuer belegt werden, beträgt der Umsatzsteuersatz in Zypern beispielsweise nur 5 %.

Einige Frauenärzte wurden durch die Zollfahndung Essen angeschrieben und aufgefordert, Unterlagen über die Herkunft bzw. den Verkauf der betroffenen Medikamente herauszugeben. Es ist zu erwarten, dass sich die entsprechenden Ermittlungen auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken.

Die Herausgabe von Unterlagen aus einer Arztpraxis ist nicht unproblematisch, da ein Arzt gegenüber seinen Patientinnen der Schweigepflicht unterliegt und daher keine sensiblen Daten ohne deren Einwilligung herausgeben darf.

Nähere Informationen über die rechtlichen Hintergründe der Verfahren sowie die empfohlenen Verhaltensweisen für betroffene Ärzte finden Sie in dem Artikel Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt gegen Gynäkologen  des Anwalts Dr. Tobias Rudolph (Juli 2012).