Was bedeutet eine Anklage im Strafrecht?

Als Anklage bzw. Anklageschrift bezeichnet man ein Schreiben der Staatsanwaltschaft an das Gericht, mit dem beantragt wird, eine öffentliche Hauptverhandlung zu erheben.

Eine Anklage wird erhoben, wenn ein Staatsanwalt nach dem Abschluss eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu der Einschätzung gelangt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung höher ist als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs (sog. hinreichender Tatverdacht).

Die Erhebung einer Anklage bedeutet für den Beschuldigten zugleich, dass sich die Staatsanwaltschaft gegen die verschiedenen Möglichkeiten einer Einstellung des Strafverfahrens entschieden hat, beispielsweise gegen die Zahlung einer Geldauflage oder gegen den Erlass eines Strafbefehls.

Für den Angeklagten bedeutet das Vorliegen einer Anklage meistens, dass sich die Hoffnung, dass sich das Verfahren von alleine erledigt, nicht erfüllt hat.

Der Verteidiger ist ab dem Zeitpunkt des Vorliegens einer Anklage besonders gefordert. Es geht nun „ums Ganze“. Der primäre Ansprechpartner auf der Gegenseite ist von nun an der Richter und nicht mehr der Staatsanwalt.

Funktionen der Anklage

Einer staatsanwaltschaftlichen Anklage kommt eine sogenannte Umgrenzungs- und Informationsfunktion zu.

Die Informationsfunktion der Anklage bedeutet, dass sie den Beschuldigten (der bis zu diesem Zeitpunkt „Angeschuldigter“ heißt, vgl. § 157 StPO) über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe Mitteilung gibt und konkret bezeichnet, welcher Sachverhalt Gegenstand des Verfahrens ist.

Die Umgrenzungsfunktion bestimmt den historischen Vorgang, über den dann entschieden wird. Eine gerichtliche Entscheidung über einen Sacherhalt, der nicht in der Anklage präzise geschildert wurde, ist unzulässig. Die Umgrenzungsfunktion der Anklage bestimmt die sogenannte „prozessuale Tat“ – und damit auch, ob beispielsweise wegen desselben Vorgangs später noch einmal eine Anklage möglich ist oder welche Taten der Verjährung unterliegen. Wegen der weitreichenden Konsequenzen der Umgrenzungsfunktion einer Anklage kommt es hier immer wieder zu Streit – was andererseits für den Strafrechts-Anwalt Verteidigungspotenzial eröffnet.

Die Anklage muss vom zuständigen Gericht zugelassen werden und darf nach Eröffnung der Hauptverhandlung nur unter strengen Voraussetzungen ergänzt werden (sog. Nachtragsanklage, vgl. § 266 StPO). Adressiert wird die Anklageschrift an das zuständige Gericht, dass sie an den Angeschuldigten weiterleitet und ihm eine Frist zur Stellungnahme eröffnet.

Inhalt der Anklage

Trotz regionaler Unterschiede in der konkreten Formulierung enthält eine Anklageschrift stets folgende Angaben (vgl. § 200 StPO):

Anklagesatz

  • Angaben zur Person inklusive der Benennung des Strafverteidigers (falls bereits vorhanden)
  • Zeit und Ort der Tatbegehung sowie vorgeworfener Lebenssachverhalt
  • Gesetzliche Merkmale der vorgeworfenen Straftat(en)
  • Anzuwendende Strafvorschriften
  • Beweismittel (Geständnis/Teilgeständnis/Einlassung des Angeschuldigten,
  • Zeugenaussagen, Sachverständige, Urkunden, Augenscheinsobjekte)

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen

In größeren Verfahren werden im Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen die Hintergründe und der Verlauf des Ermittlungsverfahrens dargestellt. In manchen Fällen nimmt der Staatsanwalt hier auch schon Stellung zu einzelnen Rechtsfragen, beispielsweise zur Verjährung.

Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift kann bei Anklagen zum Amtsgericht (Strafrichter) abgesehen werden.

Prozessuale Wirkungen einer Anklage

Die prozessualen Wirkungen einer Anklage sind vielfältig. Neben dem Wechsel der Zuständigkeit von Staatanwaltschaft (die der Exekutive zugeordnet ist) auf das Gericht (Judikative) hat sie beispielsweise Wirkungen für die Verjährung und das Recht eines Verteidigers auf Akteneinsicht. Spätestens wenn eine Anklage vorliegt, dass dem Rechtsanwalt des Angeklagten die vollständige Einsicht in die Gerichtsakten nicht mehr versagt werden.

Dem Anklagesatz im Wesentlichen gleichgestellt ist ein staatsanwaltschaftlicher Antrag auf Erlass eines Strafbefehls. Selbst wenn das Gericht den Strafbefehl nicht erlässt oder gegen einen solchen Einspruch eingelegt wird, kann bereits der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beispielsweise verjährungsunterbrechende Wirkung haben.

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