Vorstrafen

Wann bin ich vorbestraft?

Streng genommen ist jeder vorbestraft, der in einem Verfahren rechtskräftig verurteilt wurde – war die Strafe auch noch so gering. Nach allgemeinem Sprachgebrauch aber gilt derjenige als nicht vorbestraft, der keine Eintragungen im Führungszeugnis hat.

Vor Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages ist üblicherweise ein Führungszeugnis vorzulegen. Haftet einem Bewerber der Makel strafrechtlicher Vorbelastung an, hat er bei der Jobsuche schlechte Karten. Aber auch bei bestimmten behördlichen Genehmigungen kann sich ein Eintrag im Führungszeugnis negativ auswirken. Das Führungszeugnis kann Bedeutung für den beruflichen Lebensweg entfalten.

Das Führungszeugnis enthält nach § 30 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) den über eine Person im Bundeszentralregister gespeicherten Inhalt.

Dabei gibt es zwei Arten von Führungszeugnissen:

Das private Führungszeugnis erhält der Betroffene selbst auf Antrag von der Behörde.

Das behördliche Führungszeugnis wird dem Betroffenen nicht ausgehändigt, sondern direkt an die entsprechende Behörde übersandt. Ein Privatbürger kann es nicht ohne Weiteres einsehen.

Voraussetzung für einen Eintrag im Führungszeugnis ist zunächst einmal ein Eintrag im Bundeszentralregister. Dort werden u.a. alle strafgerichtlichen Urteile eingetragen. Aber nicht alle Registereinträge tauchen auch im Führungszeugnis auf. Wie sich der genaue Inhalt des Führungszeugnisses zusammensetzt, ist wegen des Zusammenspiels der Regelungen in § 32 BZRG und in §§ 4–16 BZRG, die den Inhalt des Bundeszentralregisters bestimmen, auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich.

Als Faustregel kann man für die meisten Fälle festhalten, dass eine Verurteilung dann nicht ins Führungszeugnis aufgenommen wird,

  • wenn das Register nur eine Verurteilung enthält und
  • wenn sie – im Falle einer Geldstrafe – bei unter 90 Tagessätzen liegt, oder
  • wenn sie – im Falle einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Monaten – zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Enthält das Register mehrere Verurteilungen, tauchen sie in der Regel selbst dann im Führungszeugnis auf, wenn die oben genannten Grenzen nicht überschritten wurden. Diese Ausnahme bei Zweit-Verurteilungen wird oft übersehen. Wer also vor zwei Jahren wegen Beleidigung zu 30 Tagessätzen verurteilt wurde und in einem neueren Prozess wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu 60 Tagessätzen, der muss mit einer Eintragung rechnen.

Daneben gibt es noch das erweiterte Führungszeugnis, das über Personen erteilt werden kann, die kinder- und jugendnah tätig sind bzw. sein wollen (vgl. § 30a BZRG). Zusätzlich zum Inhalt des normalen Führungszeugnisses sind darin Verurteilungen wegen Sexualdelikten aufgeführt, die für die Aufnahme in das normale Führungszeugnis zu geringfügig sind. Wegen des weiteren Inhalts wird das „normale“ oder „einfache“ gelegentlich auch als „kleines“ Führungszeugnis, das erweiterte als „großes“ Führungszeugnis bezeichnet. Diese Bezeichnung ist allerdings nicht technisch und kann mit dem behördlichen Führungszeugnis verwechselt werden.

Ein behördliches Führungszeugnis ist inhaltlich noch umfassender, darf dafür aber eben nur von Behörden verlangt werden. Es wird dem Betroffenen nicht selbst ausgehändigt, sondern direkt an die Behörde übersandt, § 30 Abs. 5 BZRG. Es kann aber entweder bei der Behörde oder bei einem Amtsgericht eingesehen werden.

Einträge im Führungszeugnis bleiben nicht für alle Zeiten bestehen. Nach bestimmten Fristen werden Verurteilungen nicht mehr aufgenommen. Nach § 34 BZRG ist das frühestens nach drei Jahren der Fall.

Zahl und Höhe der Vorstrafen sind für die Strafzumessung in einem Verfahren von entscheidender Bedeutung. Das Vorleben des Täters ist nach § 46 StGB, der Grundnorm der Strafzumessung im deutschen Strafrecht, ein wichtiges Kriterium der Strafzumessung. Nicht zuletzt deswegen wird in jeder Hauptverhandlung der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten als Beweismittel verlesen. Im Bundeszentralregister sind alle Taten, auch die im Führungszeugnis nicht aufgeführten, enthalten. Aus dem Registerauszug kann der Richter ablesen, ob sich der Angeklagte von früheren Verurteilungen beeindrucken ließ. Bei bestehenden Vorstrafen werden in der Regel höhere Strafen verhängt. Entscheidend ist dabei aber auch, ob es sich bei der abzuurteilenden Tat um eine Straftat von anderer Qualität handelt, wie groß der zeitliche Abstand zwischen den Taten war und wie hoch die Strafen waren. Je mehr sich die Taten ähneln, je kürzer ihr zeitlicher Abstand und je empfindlicher die bereits verhängten Strafen waren, umso härter wird die neue Strafe ausfallen.

Die Vorstrafenbelastung ist ein zentraler Gradmesser für die Legalbewährung des Einzelnen und gibt Aufschluss darüber, ob und wie oft er bisher mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist.

Ein Verurteilter muss sich seine Tat aber nicht einmal von Gerichten für alle Zeiten vorhalten lassen. Ist die Tat aus dem Bundeszentralregister getilgt, darf sie nicht mehr verwertet werden, § 51 BZRG. Wie lange es dauert, bis eine Tat aus dem Register entfernt wird, hängt wieder von der Höhe der Verurteilung ab. Die kürzeste Tilgungsfrist liegt bei fünf Jahren.

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