Strafrechtliche Unternehmensberatung

1) Was haben Strafverteidiger im Unternehmen zu suchen?

Strafrechtlichen Sachverstand regelmäßig und frühzeitig in unternehmerische Entscheidungsprozesse einzubinden gehört zu einer modernen Unternehmenskultur. Das hat nichts mit „Compliance“ zu tun, sondern damit, das Unternehmen und seine Mitarbeiter vor typischen menschlichen Schwächen und Fehlern zu schützen.

Gleichwohl ist Strafrecht in manchen Unternehmen noch ein Tabuthema. Während rechtliche Beratung durch externe Anwälte in fast allen Rechtsgebieten (Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, IT-Recht, Datenschutzrecht, Vertragsrecht, Kartellrecht usw.) eine Selbstverständlichkeit ist, scheuen Vorstände, Geschäftsführer und Inhaber manchmal den frühzeitigen Kontakt zu Strafverteidigern.

Der distanzierten Haltung liegt oft ein falsches und/oder veraltetes Bild vom Strafrechtler als dem „Schmuddel-Kind“ unter den Juristen zugrunde. Die Zeiten von Verteidigern, die mit weiß wellendem Haar und erhobener Stimme im Gerichtssaal laut mit der Faust auf den Tisch donnern – und dabei von niemanden richtig ernst genommen werden – sind vorbei.

Moderne Strafverteidigung findet zunehmend außerhalb des Gerichtssaales statt – bei der Beratung, Prävention und Aufklärung von Straftaten. Tatsächlich ist es meist zu spät, strafrechtlichen Rat einzuholen, wenn erst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde oder gar eine Anklage vorliegt. Das „Kind ist bereits in den Brunnen gefallen“.

Es sind längst nicht nur Kriminelle, die von den spezifischen Erfahrungen profitieren können, die Verteidiger durch ihren täglichen Umgang mit Staatsanwälten, Gerichten und polizeilichen Ermittlern vorweisen können. Durch frühzeitiges Einbinden eines externen Strafrechts-Experten lassen sich viele Katastrophen verhindern – und zwar sowohl Straftaten zu Lasten des Unternehmens als auch strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die eigenen Mitarbeiter.

Ein auf Strafrecht spezialisierter Anwalt ist unabhängig. Anders als Unternehmens-Juristen, Steuerberater und ständige Kooperationspartner ist er weder von dem Wohlwollen der aktuellen Geschäftsführung abhängig, noch ist er in Entscheidungsprozesse aus der Vergangenheit eingebunden.

Könige und Fürsten haben sich in der Vergangenheit „Hofnarren“ geleistet. Deren politische Aufgabe am Hof bestand darin, Dinge auszusprechen, die sich sonst keiner auszusprechen traute. Dadurch gelangten Informationen und Meinungen zum Herrscher, die sein Ohr auf dem üblichen Protokoll-Weg niemals erreicht hätten. Anders als den höfischen Bediensteten, dem Adel oder sonstigen Untertanen, die von der Gunst und dem Wohlwollen des Monarchen abhängig waren, war es dem Narren als einzigen erlaubt, seiner Majestät den Spiegel vorzuhalten. In nicht wenigen Fällen wurden dadurch dem Herrscher die Augen für unbequeme Wahrheiten geöffnet. Dies ermöglichte es ihm, frühzeitig zu reagieren und erforderliche – nicht selten schmerzhafte – Entscheidungen zu treffen und dadurch Katastrophen abzuwenden.

Heute stellt sich in Gerichtsprozessen der Wirtschafts- und Steuerkriminalität in der Rückschau oft die Frage: „Wie konnte es so weit kommen?“.

Die Antwort ist: Im inneren Führungszirkel wird im Vorfeld von Wirtschaftsstraftaten meist der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen – oder die Augen bewusst verschlossen. Mitarbeiter hingegen, die nicht zur engsten Führungsriege gehören, trauen sich oft nicht, „das Maul aufzumachen“.

Anders als der Blick eines Steuerberaters, eines Arbeitsrechts-Anwalts oder eines Gesellschaftsrechtlers ist der Blick des Strafrechtlers – sofern er über die entsprechenden juristischen und analytischen Qualifikationen verfügt – fächerübergreifend. Dadurch, dass er nicht an der Gestaltung von Verträgen, der Erstellung von Gutachten oder an der Einreichung von Steuererklärungen mitgewirkt hat, ist in der Regel auch unvorbelastet. In kritischen Situationen entsteht bei ihm nicht als Erstes der Impuls, seine „eigene Haut zu retten“.

Im Gegensatz zu Unternehmensberatern oder Wirtschaftsdetekteien ist ein Strafverteidiger als Berufsträger in besonderem Maß zur Verschwiegenheit verpflichtet. Insbesondere dann, wenn es bereits zu einer Straftat gekommen ist, in die eventuell auch eigene Mitarbeiter verstrickt sind, kann der auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt in einem Maße Vertraulichkeit und Diskretion zusichern, wie es keinem anderen möglich ist.

Durch die rechtlich geschützte und finanzielle Unabhängigkeit ist einem freien Strafrechts-Anwalt möglich, im Einzelfall – je nach Auftrag – auch die persönlichen Interessen einzelner Unternehmensverantwortlicher im Blick zu behalten. Dazu gehören die Reputation innerhalb und außerhalb des Betriebs genauso wie die familiären, emotionalen und psychologischen Belastungen, die beispielsweise mit strafrechtlichen Durchsuchungen einhergehen.

2) Was haben Unternehmen mit Strafrecht zu tun?

Unternehmen können auf verschiedenste Weise mit Strafrecht konfrontiert werden.

In vielen Fällen sind Firmen die Opfer von Straftaten. Wenn beispielsweise eigene Mitarbeiter Waren aus einem Lager entwenden oder der Verdacht besteht, dass Firmengelder veruntreut werden, stellt sich für die Geschäftsführung die Herausforderung, wie darauf zu reagieren ist. Dabei tauchen eine ganze Reihe von Fragen auf, die meist innerhalb sehr kurzer Zeit zu beantworten sind:

  • Sollen eigene interne Ermittlungen („internal investigations“) vorgenommen werden? Wenn ja, durch wen?
  • Was ist bei internen Ermittlungen zu beachten? Erlaubt es das Arbeitsrecht, der Datenschutz und das Strafrecht, Mitarbeiter per Video zu überwachen, ihre Spinde zu kontrollieren oder diese zu befragen?
  • Hat ein Mitarbeiter, der durch Beauftragte des Unternehmens zum Verdacht einer Straftat befragt wird, das Recht zu schweigen? Wenn ja, muss er darüber belehrt werden? Kann das Protokoll der Befragung als Grundlage einer Strafanzeige und/oder fristlosen Kündigung verwendet werden?
  • Soll eine Strafanzeige erstellt werden? Wenn ja, wann und durch wen? Wie wirkt sich eine Anzeige auf eine arbeitsrechtliche Kündigung aus?
  • Was sind die Folgen einer Strafanzeige? Droht eine Durchsuchung? Kann man darüber mit der Staatsanwaltschaft verhandeln? Können einzelne Mitarbeiter geschützt werden?
  • Gibt es in bestimmten Konstellationen eine Pflicht, einen Sachverhalt bei den staatlichen Ermittlungsbehörden zur Anzeige zu bringen? Gibt es die Pflicht eines Unternehmens, Schadensersatzansprüche gegen kriminelle (Ex-)Mitarbeiter durchzusetzen?
  • Welche Konsequenzen hat die Aufklärung einer Straftat für das Unternehmensklima und die Öffentlichkeitsarbeit?
  • Gibt es steuerrechtliche „Nebenwirkungen“? Müssen beispielsweise Verluste, die durch eine Straftat dem Unternehmen zugefügt wurden, selbst dann bilanziell korrigiert werden, wenn dadurch im Ergebnis höhere Steuern anfallen, obwohl die korrespondierenden Schadensersatzansprüche beim Täter nicht realisierbar sind?

Unternehmen können aber auch der Schauplatz von Straftaten aller Art sein. Dabei sind unzählige Variationen und Kombinationen von Tätern, Geschädigten und Begünstigten denkbar. So sind zum Beispiel bei speziellen Delikten aus dem Wirtschaftsstrafrecht wie etwa Urheberrechtsverletzungen oder dem Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oft mehrere Beteiligte am Werk, die zum Teil aus dem Unternehmen heraus agieren, zum Teil aus dem Lager der Wettbewerber stammen.

Korruptionsdelikte werden typischerweise durch Angehörige eines Unternehmens gemeinsam mit Externen, wie etwa Lieferanten oder Beratern, begangen. Das kann sowohl zum Nachteil des Unternehmen geschehen, aber auch beispielsweise mit der Absicht, neue Aufträge an Land zu ziehen. Werden sogenannte „Schwarze Kassen“ eingerichtet, aus denen Bestechungsgelder an der Buchhaltung vorbei bezahlt werden, so liegt dieses Verhalten allerdings nach der deutschen Rechtsprechung nicht im Interesse des Unternehmens. Vielmehr werden gegen die verantwortlichen Organisatoren einer „Schwarze Kasse“ Strafverfahren wegen Untreue eingeleitet.

Auch Steuerhinterziehungen sind komplex. In vielen Fällen erfolgen diese zwar mit der Absicht, das Unternehmen steuerlich zu entlasten. Durch unübersichtliche und formale Regelungen, beispielsweise bei den Anforderungen an eine Rechnung im Umsatzsteuerrecht, kommt es allerdings immer wieder vor, dass der Tatbestand einer Steuerhinterziehung erfüllt ist, obwohl sich dasselbe wirtschaftliche Ergebnis auch bei einer legalen Gestaltung hätte erzielen lassen.

Bei Steuerhinterziehung im Unternehmensbereich wirken nicht selten neben der Geschäftsführung auch externe Steuerberater/Wirtschaftsprüfer mit, sowie die jeweiligen für die Erstellung einer Bilanz zuständigen Fachabteilungen. Entschließt sich ein Unternehmen dazu, eine strafbefreiende steuerliche Selbstanzeige abzugeben, stellen sich im Vergleich zu einer Selbstanzeige, die von Privatpersonen angefertigt wird, spezielle Probleme. Denn anders als im Privatbereich sind im Unternehmensbereich in der Regel mehrere Personen involviert, die mehr oder weniger viel zu verlieren haben und nicht immer gleichlaufende Interessen verfolgen.

Im Insolvenzstrafrecht tragen typischerweise die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften das Risiko einer Strafverfolgung. Denn ihnen obliegt es, im Fall einer Krise oder einer sich abzeichnenden Zahlungsunfähigkeit, rechtzeitig den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Werden die – sehr kurzen – Fristen verpasst oder beispielsweise einzelne Gläubiger in fragwürdiger Weise bevorzugt, droht eine strafrechtliche Verfolgung wegen Insolvenzverschleppung oder Gläubigerbegünstigung.

Ein echtes Unternehmensstrafrecht (d.h. die Sanktionierung von Unternehmen durch eine Kriminalstrafe) ist zwar auf der Ebene der europäischen Gesetzgebung schon seit langem im Gespräch, konnte sich bislang in Deutschland politisch jedoch noch nicht durchsetzen. Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage sind für Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden, daher nach wie vor nur natürliche Personen, die für das Unternehmen handeln, strafrechtlich – und zwar persönlich – zur Verantwortung zu ziehen. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern.

Bereits nach der aktuellen Gesetzeslage drohen einem Unternehmen jedoch empfindliche Geldzahlungen, wenn die Verantwortlichen es versäumt haben, Aufsichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Straftaten im Betrieb zu etablieren (§ 130 OWiG). Seit der Neufassung des § 30 OWiG im Sommer 2013 können im Recht der Ordnungswidrigkeiten gegen Unternehmen selbst Geldbußen von bis zu zehn Millionen Euro verhängt werden.

3) Was kann man tun?

a) Prävention

Die Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte unterstützt bei dem Aufbau und der Implementation eines zeitgemäßen Compliance-Systems.

Die besondere Vertraulichkeit, die ein externer Rechtsanwalt bieten kann, lässt sich im Rahmen eines umfassenden Compliance-Konzepts auch durch die Einrichtung eines externen Hinweisgebersystems („Ombudsmann für Strafrecht“) nutzen.

b) Schulungen

Die Anwälte der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte verfügen über Erfahrungen als Dozenten. Diese Erfahrungen kommen bei Vorträgen zu speziellen Themen, beispielsweise zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Korruptionsstrafbarkeit, zugute.

In Zusammenarbeit mit Trainerin und Coach Natalie Golob bringt Rechtsanwalt Dr. Tobias Rudolph seine Erfahrungen aus der Korruptionsprävention auch im Rahmen der Mitarbeiterschulung in das Seminar „Vorteil Compliance! – Unbestechlich erfolgreich in kritischen Verhandlungen“ ein.

c) Aufklärung / Interne Ermittlungen

Besteht der Verdacht einer Straftat, sollte vor der Einleitung von sogenannten „internal investigations“ externer strafrechtlicher Sachverstand hinzugezogen werden. So kann sichergestellt werden, dass die Ermittlungen in rechtlich einwandfreien Bahnen verlaufen – und die Ergebnisse im Zweifel auch vor Gericht Bestand haben.

d) Frühzeitige Beratung

Immer wieder kommt es vor, dass innerhalb eines Unternehmens Unsicherheit aufkommt, ob ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten 100%-ig legal war. Diese Frage stellt sich häufig bei steuerlichen Gestaltungen im rechtlichen Graubereich. Sie kann aber auch praktisch relevant werden, wenn beispielsweise auffällig hohe Rechnungen an ausländische Firmenberater bezahlt wurden, mit dem Ziel, Kontakte zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern vor Ort herzustellen. Aus Sicht von Betriebsprüfern sind derartige Rechnungen oft Anlass, die Akte an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten, um zu überprüfen, ob ein Anfangsverdacht auf Korruption besteht.

In all diesen denkbaren Konstellationen bestehen Handlungsoptionen für das Unternehmen. Werden diese Optionen rechtzeitig erkannt und genutzt, lassen sich häufig Strafverfahren gegen die eigenen Mitarbeiter abwenden. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Gefahren rechtzeitig erkannt und analysiert werden – und die Reaktion darauf mit der gebotenen emotionalen Distanz geschieht.

Gerät etwa eine GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten, stellt sich die Frage, ob bzw. wann ein Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu stellen ist. Für die wirtschaftliche Analyse eines Unternehmens ist in einer solchen Situation die Einholung externer Gutachten ohnehin unerlässlich. Da der Zeitpunkt, die Auswahl der Gutachter und die Informationen, die den Wirtschaftsprüfern zur Verfügung gestellt werden, häufig emotional von der Angst des Kontrollverlustes überlagert werden, lassen sich hier viele Fehlentscheidungen verhindern, wenn rechtzeitig die Expertiseeines unabhängigen Strafverteidigers hinzugezogen wird.

e) Vertretung bei strafrechtlichen Ermittlungen

Wenn sich ein Unternehmen als Opfer einer Straftat dazu entschließt, eine Strafanzeige einzureichen, wird diese üblicherweise durch einen Fachanwalt für Strafrecht formuliert. Dadurch wird sichergestellt, dass die Adressaten – Staatsanwälte, Polizeibeamte und Ermittlungsrichter – sofort wissen, worauf es ankommt und dementsprechend schnell reagieren können.

Strafanzeigen werden durch Unternehmen jedoch erst nach reiflicher Überlegung angefertigt. Denn eine Strafanzeige führt stets dazu, dass die Kontrolle über das weitere Procedere an Personen abgegeben wird, die sich nicht ausschließlich dem Interesse des Unternehmens verpflichtet fühlen. Die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Einheiten bei Polizei und Staatsanwaltschaft nehmen zwar in der Regel auf die Belange eines Unternehmens Rücksicht und bemühen sich beispielsweise bei Durchsuchungen, möglichst wenig Aufsehen zu erregen (Ausnahmen bestätigen die Regel…).

Gleichwohl ist es sinnvoll, schon in der Strafanzeige neben den intern Verantwortlichen des Unternehmens einen strafrechtlichen Vertreter für die Koordination weiterer Ermittlungsmaßnahmen zu benennen.

Staatsanwälte schätzen es, wenn sie bei der Ermittlung von Straftaten des Wirtschaftslebens erfahrene Strafrechtsexperten als Ansprechpartner auf Unternehmensseite vorfinden. Auch wenn die Akteure in ihren Rollen als Ankläger bzw. Verteidiger regelmäßig Kontrahenten sind, so verfügen sie doch über dieselbe forensische Praxis und das gleiche juristische Fachwissen. Wie die Strafverteidiger verstehen sich auch die Strafverfolger in erster Linie als unabhängige Diener des Rechts. Sie sprechen dieselbe Sprache.

f) Zeugenbeistand

Zeugenbeistände sind in der Regel Fachanwälte für Strafrecht, die durch das Unternehmen bezahlt werden und Unternehmensmitarbeiter bei Befragungen durch staatliche Ermittlungsbehörden begleiten.

Wurden in einem Unternehmen oder gegen ein Unternehmen Straftaten begangen, kommt es häufig zu der Befragung von Mitarbeitern durch Beamte der Polizei, des Finanzamts oder der Zollfahndung.

Dabei sind prozessuale Rechte zu wahren, die den Mitarbeitern als Zeugen zustehen. Beispielsweise dürfen Antworten auf Fragen verweigert werden, deren Beantwortung die Gefahr in sich birgt, dass der Zeuge sich selbst belastet.

Ob ein Unternehmensmitarbeiter von derartigen Zeugnis- und/oder Auskunftsverweigerungsrechten Gebrauch machen sollte – aus eigenem Interesse und/oder im Interesse des Unternehmens – lässt sich immer nur von Fall zu Fall neu entscheiden. Ihn bei dieser Entscheidung zu unterstützen ist die Aufgabe eines Zeugenbeistands.

g) Verteidigung

Kommt es schließlich – im worst case – zur Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder gar zu einer Hauptverhandlung vor Gericht, sind klassische Verteidigerqualitäten gefragt. Es erweist sich von Vorteil, wenn der Verteidiger das Unternehmen bereits kennt und so etwa mit den Besonderheiten der Branche vertraut ist.

Eine der Besonderheiten in Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren liegt dabei zum einen darin, dass die maßgeblichen Rechtsfragen – sozusagen der Dreh- und Angelpunkt der Anklage – nicht im Strafrecht liegen, sondern im allgemeinen Zivil-, Wirtschafts – oder Steuerrecht.

Eine weitere Besonderheit bei mehreren Beschuldigten ist die sogenannte Sockel-Verteidigung. Davon spricht man, wenn die Interessenlagen mehrerer Mitangeklagter parallel liegen und die Verteidiger ein gemeinsames, miteinander abgestimmtes, Konzept entwickeln. Wann eine solche Sockel-Verteidigung sinnvoll ist bzw. unter welchen Voraussetzungen eine solche durch Anwälte derselben Kanzlei konzipiert werden kann, ist im Einzelfall zu entscheiden.

Droht dem Unternehmen als solchem eine Geldbuße nach § 30 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz), benötigt das Unternehmen als juristische Person unter Umständen einen eigenen Verteidiger.