Steuerrecht

Die Anwälte der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte vertreten Mandanten in streitigen Steuerfällen vor dem Finanzamt oder dem Finanzgericht.

1) Rechtsanwälte und Steuerberater

Das Verhältnis zwischen Steuerberater und Steueranwalt kann man in vielen Fällen – insbesondere wenn es um die Konzeption komplexer strafbefreiender Selbstanzeigen geht – mit dem Verhältnis von Bauingenieur zu Architekt vergleichen. Dabei entspricht die Aufgabe des Steuerberaters derjenigen des Statikers, d.h. er trägt die maßgebliche Verantwortung für die richtige Ermittlung und Berechnung aller notwendigen Zahlen. Der Steueranwalt ist demgegenüber eher mit dem Architekten vergleichbar, d.h. seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ein stimmiges Gesamtkonzept entworfen wird, das sich auch in die Umgebung einfügt. Insbesondere wenn es um juristische Argumentationen zu konkreten rechtlichen Fragen geht, ist Kreativität und Phantasie gefragt. Die Stärken von Anwälten, die im Rahmen ihrer juristischen Ausbildung darauf geschult wurden, Probleme zu erkennen und argumentativ unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegenpositionen zu erörtern, kommen hier zum Tragen.

Einen Studiengang „Steuerberatung“ hingegen gibt es nicht. Steuerberater wird, wer eine langjährige Erfahrung im Umgang mit steuerlichen Sachverhalten und der Erstellung von Bilanzen nachweisen kann. Meist sind es Diplom-Kaufleute bzw. Betriebswirte, die auf diesem Wege die erste formale Hürde für die Zulassung zum Steuerberater-Examen erklimmen. Der Schwierigkeitsgrad dieser Prüfung ist – genauso wie die Durchfallquote – mit dem juristischen Staatsexamen vergleichbar. Der Schwerpunkt der Steuerberater-Klausuren liegt in der souveränen Beherrschung der steuerlichen Berechnungsgrundlagen und der alltäglichen Konstellationen, die es ermöglichen, die korrekten Zahlen zu ermitteln und dem Finanzamt mitzuteilen.

In vielen Bereichen des Steuerrechts sind spezielle anwaltliche Qualifikationen gefragt. Während Steuerberater in der Regel für die Anfertigung von Bilanzen, Jahresabschlüssen oder bei steuerlichen Gestaltungen besonders qualifiziert sind, geht es bei Einsprüchen gegen einen Steuerbescheid oder bei Klagen vor dem Finanzgericht oft um spezielle juristische Fragen. Hier steht die anwaltliche Tätigkeit im Vordergrund.

Ein Fachanwalt für Steuerrecht wird dabei mit dem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eng zusammenarbeiten, um für den Mandanten die besten Ergebnisse zu erzielen.

Abweichend von den Regelungen, die in anderen Gerichtszweigen gelten, dürfen Steuerberater, auch wenn sie nicht den Titel des Rechtsanwalts führen oder keine juristische Ausbildung absolviert haben, vor Finanzgerichten als rechtliche Vertreter ihrer Mandanten auftreten. Sie dürfen auch in Steuerstrafprozessen die Rolle des Verteidigers übernehmen. In sehr einfach gelagerten Fällen, oder in solchen, die ausschließlich ganz speziell steuerrechtliche Thematiken betreffen, mag das sinnvoll sein. In allen anderen Fällen, bei denen entweder existenzielle Bedrohungen für den Mandanten bestehen, oder bei denen es um taktische Fragen des Prozessrechts bzw. um Streitfragen über die Auslegung von Gesetzen geht, sollte ein auf Steuerstrafrecht spezialisierter Anwalt hinzugezogen werden. Das schon deshalb, weil auf der Richterbank – sowohl im Straf- als auch im Steuerprozess – Personen sitzen, die dieselbe Ausbildung wie der Anwalt hinter sich haben und im Zweifel dieselbe Sprache sprechen. Nicht selten kommt dem Steueranwalt in Finanzgerichtsprozessen oder im Rahmen von Steuerstrafverfahren daher die Rolle eines „Übersetzers“ zwischen der Steuer- und der Justizwelt zu.

2) Finanzverwaltung und Finanzgerichte

Steuerrecht betrifft jeden – und keiner mag es. Jeder, der Einkünfte aus eigener Arbeit, Vermietung oder Kapitalerträgen hat, muss Einkommensteuer bezahlen. Diese wird für Arbeitnehmer meist über den Arbeitgeber abgeführt und heißt dann Lohnsteuer. Selbständige und Gewerbetreibende müssen darüber hinaus Umsatz- bzw. Gewerbesteuer abführen. Wer ein Grundstück erwirbt, hat Grunderwerbsteuer zu entrichten. Bei der Übertragung von Vermögen oder Grundstücken im Wege der Schenkung oder Erbschaft ist an Schenkungs- und Erbschaftssteuer zu denken.

Das deutsche Steuerrecht zählt zu den schwierigsten Rechtsgebieten dieser Erde. Es umfasst eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen. Während die Schweiz, Liechtenstein und die Cayman-Islands als sogenannte Steueroasen Furore machen, gleicht das deutsche Steuerrecht einer undurchquerbaren Wüste. Das deutsche Steuerrecht setzt sich zusammen aus einem Potpourri vieler einzelner Gesetze und ist geprägt von einem fortlaufenden Wandel der Gesetzeslage. Zahlreiche Gesetzesnovellierungen der Steuergesetze sowie eine breite Rechtsprechungspalette der Finanzgerichte gewähren nur noch dem Kenner Durchblick.

Wenn eine steuerrechtlich streitige Frage auf verschiedene Weisen ausgelegt werden kann, entscheidet sich die Finanzverwaltung im Zweifel für die Sichtweise, die zu einer höheren Steuer führt. Aus Sicht der Allgemeinheit ist diese Vorgehenswiese zwar verständlich und erfreulich. Für den einzelnen Steuerbürger kann es jedoch zu unzumutbaren Belastungen und Ungerechtigkeiten kommen.

Bei der Auslegung von Steuergesetzen kommt es immer wieder zu kuriosen Vorgängen. Ein Beispiel dafür sind sogenannte Nichtanwendungserlasse. Solche werden vom Bundesfinanzministerium herausgegeben, wenn sich die Steuerverwaltung mit einem Urteil des obersten deutschen Steuergerichts, dem Bundesfinanzhof in München, nicht einverstanden zeigt – was gar nicht so selten der Fall ist.

Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten rückt der Bundesfinanzhof, das höchste deutsche Gericht in Finanzangelegenheiten in München, Dinge immer wieder zurecht. Traditionsgemäß vertreten Finanzrichter dabei nicht unbedingt den pro-fiskalischen Standpunkt der Steuerverwaltung. Sie sehen sich vielmehr der ausgleichenden Gerechtigkeit in der Tradition der Gerichte früherer Zeiten verpflichtet, die die Mächtigen in der Geschichte immer wieder in ihre Schranken wiesen.

Das Selbstverständnis der Finanzrichter hängt auch damit zusammen, dass bei den Finanzgerichten ausnahmslos Volljuristen am Werk sind, d.h. Menschen, die dieselbe juristische Ausbildung genossen haben, wie andere Vertreter juristischer Berufszweige, also vor allem Rechtsanwälte und Staatsanwälte.

Steuererklärungen werden auf Seiten des Finanzamts auf der Sachbearbeiter-Ebene hingegen in erster Linie durch speziell für diesen Zweck geschulte Spezialisten bearbeitet, die eine intensive finanzamtsinterne Ausbildung hinter sich haben.

Die unterschiedlichen Ausbildungswege von Finanzbeamten und Richtern führen in der Praxis manchmal zu Kommunikationsschwierigkeiten. Auf der einen Seite stehen Menschen, die mit Fug und Recht von sich behaupten können, mit den Feinheiten des Steuerrechts groß geworden zu sein. Mitarbeiter der Finanzverwaltung haben die speziell steuerrechtliche Denkweise sozusagen schon mit der Muttermilch aufgesogen. Auf der anderen Seite stehen Juristen, die für sich in Anspruch nehmen, umfassend methodisch qualifiziert zu sein und über ein breit gefächertes Wissen zu verfügen, das die gesamte Rechtsordnung umfasst. Bis auf wenige Ausnahmen beginnen Juristen im Laufe ihrer Ausbildung erst sehr spät, sich überhaupt mit Steuergesetzen zu beschäftigen – und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem ihre methodische Ausbildung schon weitestgehend abgeschlossen ist.

Neben juristischen und fiskalischen Interessen treffen in steuerlichen Einspruchsverfahren oder im Rahmen von Finanzgerichtsprozessen daher nicht selten auch verschiedene Welten aufeinander. Die Aufgabe des Anwalts besteht dabei darin, im Interesse des Steuerpflichtigen die Vogelperspektive einzunehmen, der sich im Zweifel auch die Richter am Finanzgericht verpflichtet fühlen.

3) Steuerrichter und Strafgerichte

Speziell im Steuerstrafrecht kommt es darüber hinaus immer wieder zu einer anderen skurrilen Konstellation, nämlich dann, wenn Strafrichter einen steuerrechtlichen Sachverhalt anders als die Finanzgerichte beurteilen. Für den Angeklagten in einem Steuerstrafverfahren kann das erhebliche Auswirkungen haben, da in der Regel Strafverfahren schneller als Steuerverfahren abgeschlossen werden. Zwar gibt § 396 AO die Möglichkeit, ein Strafverfahren auszusetzen, wenn die Beurteilung eines Sachverhaltes als Steuerhinterziehung davon abhängt, ob inhaltlich tatsächlich eine Steuerhinterziehung vorliegt. Obwohl gemäß Absatz 3 der Vorschrift im Fall einer solchen Aussetzung des Strafverfahrens die Verjährung ruht, d.h. die Strafverfolgungsinteressen eigentlich nicht beeinträchtigt werden, wird in der Praxis von dieser Vorschrift sehr selten Gebrauch gemacht.

Die Strafrichter – die sehr häufig über gar keine spezielle steuerrechtliche Ausbildung verfügen – halten sich für kompetent, steuerliche Sachverhalte zu entscheiden. Das führt manchmal zu der absurden Situation, dass Bürger wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig durch einen Strafrichter verurteilt werden und sich später herausstellt, dass nach der Sichtweise der Finanzgerichte in Wirklichkeit gar keine Steuerhinterziehung vorlag.

Derartige Konstellationen treten vor allem bei der Abgrenzung von zulässigen steuerlichen Gestaltungen zu strafbaren steuerlichen Gestaltungsmissbrauch auf. Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff, der Präsident des Bundesfinanzhofs und ehemaliger Verfassungsrichter, betont öffentlich immer wieder, dass die Finanzgerichte bei der Unterstellung eines missbräuchlichen Verhaltens Zurückhaltung üben sollten, da die Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten in einem Rechtsstaat legitim und im Interesse des Wettbewerbs erwünscht ist. Demgegenüber nehmen Strafrichter häufig sehr schnell eine Überschreitung der Grenzen des Zulässigen an, mit dem Argument „Das kann keinen anderen Zweck dienen als der Umgehung von Steuern“.

Zwischen Strafrichtern und Steuerrichtern kommt es daher immer wieder zu einem „Kampf der Kulturen“ – obwohl die Vertreter der jeweiligen Gerichtsbarkeit dieselben Rechtsnormen anwenden. Bei der Ausfüllung und Interpretation der Normen ergeben sich teilweise erhebliche Unterschiede. In Extrem-Fällen ist es schon vorgekommen, dass Menschen aufgrund des Verdachts einer strafbaren Steuerhinterziehung in Haft saßen – für einen Sachverhalt, der später von Finanzrichtern als nicht steuerpflichtig interpretiert wird.