Nebenfolgen einer Veruteilung: Überblick

In den meisten Fällen endet ein Strafverfahren – wenn es erst einmal zu einer Anklage gekommen ist – nicht mit einem Freispruch, sondern mit einer Verurteilung. Das Gericht verurteilt dann zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe, wobei es die Freiheitsstrafe möglicherweise zur Bewährung aussetzt. Eine Verurteilung kann jedoch noch viele andere, möglicherweise sogar weit schmerzhaftere Konsequenzen mit sich bringen.

1) Fahrverbot

In einer Nation von Autofahrern ist das Fahrverbot nach § 44 StGB eine empfindliche Sanktion. Als Nebenstrafe darf ein Fahrverbot nur neben einer der beiden Hauptstrafen Geld- oder Freiheitsstrafe, nicht aber isoliert verhängt werden. Ein Fahrverbot kann bis zu sechs Monaten verhängt werden. Da § 44 StGB eine echte Straftat und keine bloße Ordnungswidrigkeit voraussetzt, sieht § 25 Straßenverkehrsgesetz (StVG) eine entsprechende Regelung für Verkehrsordnungswidrigkeiten vor.

Anders als nach der früheren Fassung des Gesetzes ist seit der Neufassung des Gesetzes im August 2017 keine sogenannte Anlasstat mehr erforderlich. Das bedeutet, dass bei jeder Strafe als Nebenfolge ein Fahrverbot verhängt werden kann, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Verkehrsdelikt oder etwas ganz anderes handelt. Damit kommt ein Fahrverbot beispielsweise auch bei der Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung oder wegen Steuerhinterziehung in Betracht.

2) Entziehung der Fahrerlaubnis

Nicht mit dem Fahrverbot zu verwechseln, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Beide schließen sich grundsätzlich gegenseitig aus, da § 69 StGB – anders als § 44 StGB – die Feststellung der fehlenden Eignung zur Erteilung der Fahrerlaubnis voraussetzt. Ein Fahrverbot kann neben die Entziehung der Fahrerlaubnis treten, wenn es gerade darum geht, auch die Nutzung fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge, z.B. Mofas, zu verbieten. Zeitgleich mit der Entziehung muss aber auch eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis bestimmt werden. Sie muss mindestens sechs Monate, und darf höchstens fünf Jahre betragen. Hat der Verurteilte keine Fahrerlaubnis, ist eine isolierte Sperre anzuordnen.

Der wesentliche Unterschied zu einem Fahrverbot besteht darin, dass der Führerschein bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis nicht einfach verwahrt, sondern die Fahrerlaubnis als solche aufgehoben wird. Ein Führerschein muss also gänzlich neu erteilt werden (deswegen auch die Notwendigkeit der Verhängung einer Sperre zur Neuerteilung).

Voraussetzung für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ist, dass der Verurteilte zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist. Seine körperlichen, geistigen oder charakterlichen Mängel müssten seine Teilnahme am Straßenverkehr zu einer Gefahr für andere werden lassen. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Fahrerlaubnis entzogen; das Gericht hat keinen Ermessensspielraum. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Richter selbst feststellen kann, ob ein Fahrzeugführer geeignet ist; ein Sachverständiger wird daher in der Regel nicht beigezogen.

Obwohl es sich bei § 69 StGB systematisch nur um eine sogenannte Maßnahme, also gerade keine Strafe im eigentlichen Sinne handelt, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis für jemanden, der auf seinen Führerschein angewiesen ist, sehr einschneidend.

3) Vermögensabschöpfung

Die Idee hinter dem Konzept der Vermögensabschöpfung (§§ 73 ff. StGB) ist folgende: Was der Täter durch die Tat erlangt hat, soll er nicht behalten dürfen. Erfasst wird dadurch nicht nur ein Vermögensvorteil, also etwa das beim Betrug erlangte Geld, sondern jegliches erlangte „Etwas“. Ganz oft wird es sich dabei um Tatentgelte wie z.B. Bestechungsgelder oder den Gewinn aus einer Betrugstat handeln, aber auch andere wirtschaftliche Werte sind „erlangtes Etwas“ in diesem Sinne.

4) Zivilrechtliche Ansprüche

Es kann auch sein, dass dem Opfer im Strafprozess ein zivilrechtlicher Anspruch auch Schadensersatz oder Schmerzensgeld zusteht.

Häufig werden zivilrechtliche Forderungen durch die Berechtigten erst im Anschluss an eine bereits erfolgte Verurteilung geltend gemacht. In der Praxis häufig eine unangenehme Überraschung sind in Körperverletzungs-Verfahren hier vor allem die Regress-Forderungen der Krankenversicherungen. Dies sind beispielsweise Krankenhauskosten oder Verdienstausfälle, sofern dafür zunächst die Versicherungen eingesprungen waren.

Im Wirtschafsstrafrecht können die zivilrechtlichen Folgen einer Verurteilung existenzvernichtend sein. So haften etwa ein verurteilter Kapitalanlagebetrüger oder der Geschäftsführer einer insolventen GmbH persönlich. Ein vorschneller „Deal“ mit dem Gericht verbietet sich in derartigen Konstellationen, bei denen die Nebenfolgen weit gravierender sein können als die Strafe selbst.

Schon während des laufenden Strafverfahrens macht es manchmal Sinn, durch die Verteidigung eine eigene Initiative zur Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld an das Opfer zu ergreifen. Dies kann sich günstig für die Strafzumessung auswirken, beispielsweise im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs.

Auch das Opfer selbst kann schon während des Strafverfahrens versuchen, zivilrechtliche Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche gerichtlich feststellen zu lassen. Diese Möglichkeit sieht die Strafprozessordnung in §§ 403 ff. StPO ausdrücklich vor. Durch das sog. Adhäsionsverfahren sollen die Opferrechte gestärkt und eine einheitliche Entscheidung sichergestellt werden. Man spricht auch von einem „Anhangsverfahren“ – ein Zivilverfahren wird an das Strafverfahren angehängt. Zulässig ist das Verfahren allerdings nur in einem Strafprozess gegen einen erwachsenen Beschuldigten, nicht in Verfahren gegen Jugendliche. Eine weitere Einschränkung ist, dass nur vermögensrechtliche Ansprüche erhoben werden können – in Betracht kommen daher etwa Schmerzensgeld- oder Schadensersatzansprüche. Vereinfacht gesagt: Ansprüche, die auf die Zahlung eines Geldbetrags gerichtet sind.

Das Opfer ist aber keineswegs verpflichtet, einen Adhäsionsantrag im Strafprozess zu stellen. Es kann sich auch entscheiden, seine Ansprüche gänzlich vor dem Zivilgericht geltend zu machen. Die Entscheidung des einen Gerichts hat dann keinerlei Bindungswirkung für die des anderen Gerichts.

In der Praxis hat das Adhäsionverfahren keine sehr große Bedeutung. Denn die Zivilprozessordnung ist anders ausgestaltet als die Strafprozessordnung. Strafrichter können die Durchführung eines angehängten Zivilverfahrens ablehnen, wenn sich die Sache nicht zur Erledigung im Strafverfahren eignet.

5) Registersperre und registerrechtliche Folgen

Nicht zu unterschätzen sind schließlich die registerrechtlichen Folgen einer Verurteilung, also etwa einer Eintrag im Bundes-, Gewerbe- oder Verkehrszentralregister.

Diese Einträge können in späteren Strafverfahren durchaus „teuer“ werden Denn gerade das Bundeszentralregister gibt Auskunft darüber, wie es um die grundsätzliche Gesetzestreue des Beschuldigten steht. Qualität und Quantität der Einträge beeinflussen regelmäßig die Entscheidungen des Gerichts zum Strafmaß. Registereinträge können aber auch zukünftige behördliche Entscheidungen beeinflussen, etwa dann, wenn bestimmte Tätigkeiten einer Genehmigung unterliegen. Wer etwa einen Waffenschein beantragt (§ 4 WaffG), muss besondere Kriterien, unter anderem eine besondere Zuverlässigkeit nachweisen (§ 5 WaffG); wer bereits strafrechtlich verurteilt wurde, besitzt diese Zuverlässigkeit nicht. Auch für Einbürgerungsentscheidungen kommt es auf den Inhalt des Bundeszentralregisters an.

Gemäß § 6 GmbHG kann jemand, der wegen eines Bankrott-Delikts (§§ 283 ff. StGB) oder wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO) verurteilt wurde, nicht mehr Geschäftsführer einer GmbH sein – unabhängig von der Höhe der Strafe!. Bei einer Verurteilung wegen Betrugs (§ 263 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) tritt diese Folge erst ab einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ein (d.h. eine Strafe von exakt einem Jahr ist schon zu viel!).

Anmerkung: Ein ausführliches Skript zum Insolvenzstrafrecht findet sich hier. Dort werden auch weitere Details der Registersperre nach § 6 GmbHG erläutert.

6) Jäger und Schützen

Ist der Verurteilte im Besitz einer besonderen Genehmigung, beispielsweise eines „Jagdscheins“ oder eines „Waffenscheins“ kann diese widerrufen werden.

Sportschützen und Jäger beispielsweise müssen bereits bei Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen damit rechnen, dass ihnen ihre „Scheine“ entzogen werden – erlaubnispflichtige Waffen sind dann innerhalb einer Frist abzugeben und können nach Ablauf der Frist sogar sichergestellt werden.

Auch Piloten oder Mitarbeiter in Flughafen können schon geringe Strafen hart im Hinblick auf ihre Berufsausübung treffen.

7) Gewerbeerlaubnis

Eine besondere Zuverlässigkeit muss auch vorweisen können, wer bestimmten gewerblichen Tätigkeiten nachgehen möchte (§§ 29 ff. GewO); fehlt diese, kann die Ausübung des Gewerbes untersagt werden (§ 35 GewO). Die über die Gewerbeuntersagung entscheidende Behörde ist in Teilen an die strafgerichtliche Entscheidung gebunden. Sie kann etwa hinsichtlich der Feststellungen zu Sachverhalt und Schuld nicht zu Lasten des Betroffenen vom Urteil abweichen; auch eine Prognose des Strafrichters zur gewerberechtlichen Zuverlässigkeit muss die Behörde gegen sich gelten lassen.

8) Beamtenrechtliche Konsequenzen

Besonders drastisch können die Folgen für (aktive) Beamten und Soldaten sein. Werden diese etwa zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder, wegen besonderer dienstbezogener oder staatsgefährdender Delikte zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt, endet das Beamtenverhältnis mit Rechtskraft des Urteils automatisch, § 41 Bundesbeamtengesetz (BBG) – damit enden auch Besoldungs- und Versorgungsansprüche. Soweit diese besondere Nebenstrafe zulässig ist, kann auch § 45 StGB eine derartige Wirkung entfalten.

Steht die Tat im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit, droht darüber hinaus noch ein Disziplinarverfahren nach § 77 BBG. Wurde die Tat außerhalb des Dienstes begangen, schließt sich ein solches Verfahren nur dann an, wenn das Verhalten geeignet war, das Vertrauen in das Amt oder dessen Ansehen in einer besonderen Weise zu beeinträchtigen. Das Disziplinarverfahren unterliegt zwar den besonderen Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes, gleichwohl kann das Strafurteil darauf abfärben.

9) Berufsverbot und berufsrechtliche Folgen

Selbstverständlich kann ein Berufsverbot auch andere Berufsgruppen treffen. Bei schweren Verstößen kann Anwälten die Zulassung entzogen werden, besondere Anwaltsgerichte können weitere Sanktionen verhängen. Apothekern und Ärzten kann die Approbation entzogen werden, auch die Geschäftsführung einer GmbH oder die Vorstandsmitgliedschaft in einer AG kann untersagt werden. Die oft in Spezialgesetzen angeordneten berufsrechtlichen Folgen ergänzen insoweit die grundsätzliche Regelung des § 70 StGB zum Berufsverbot. Die Verhängung eines solchen Berufsverbots erfolgt, von den Sonderregeln zu Beamten und Notaren abgesehen, völlig unabhängig von sonstigen diesbezüglichen Anordnungen der Verwaltungsbehörden. Für Ärzte, Rechtsanwälte und Steuerberater gibt es spezielle Gerichte zur Durchführung berufsrechtlicher Verfahren, sofern ein sogenannter „berufsrechlicher Überhang“ bejaht wird.

Übrigens kann auch eine Verfahrenseinstellung unter Auflagen§ 153a Abs. 2 StPO, von manchen Verwaltungsbehörden zum Anlass genommen werden, oben geschilderte Maßnahmen anzuordnen. Das Einverständnis des Verurteilten, die Auflage zu erfüllen, wird nämlich, wenn auch zu Unrecht, vereinzelt als Schuldeingeständnis gewertet. Gegen derartige Unterstellungen lohnt es sich meistens, sich zur Wehr zu setzen.

10) Vorstrafe: Eintrag im Bundeszentralregister

Ist die Verurteilung schließlich erst einmal rechtskräftig und möglicherweise auch in ein Register eingetragen, gilt es das möglicherweise auch beim nächsten Bewerbungsgespräch zu beachten. Fragen nach Vorstrafen, insbesondere einschlägiger Art – Gewalttaten beim Sicherheitsdienst, Vermögensdelikte bei Kassierern – sind zulässig und müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Wer auf diese Fragen falsch antwortet, muss damit rechnen, dass das Arbeitsverhältnis angefochten wird und schnell beendet ist. Als Faustregel gilt: Alle Verurteilungen zu mehr als neunzig Tagessätzen und Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten stellen eine Vorstrafe im Sinne des Bundeszentralregisters dar.

Wer während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in Untersuchungshaft gerät, muss übrigens auch mit einer Kündigung rechnen. Zwar besteht keine Pflicht, den Arbeitgeber auf möglich begangene Straftaten hinzuweisen. Mit Beginn der Inhaftierung ist der Arbeitnehmer aber an der Erbringung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gehindert – er kann ja nicht mehr zur Arbeit kommen. Diese Pflichtverletzung kann eine Kündigung begründen. Allerdings sind an den Kündigungsgrund besondere Anforderungen zu stellen. Steht die Straftat nicht in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und muss deshalb nicht mit einer verhaltensbedingten Kündigung gerechnet werden, sollte notfalls über den Verteidiger oder Angehörige versucht werden, eine tragfähige Lösung zu finden.

11) Ausländerrechtliche Konsequenzen

Zu beachten sind schließlich auch etwaige ausländerrechtliche Konsequenzen, die ganz besonders einschneidend sein können und nicht selten weit schwerer wiegen als die Verurteilung zu einer Haftstrafe. Verurteilungen zu schwereren Straftaten können – insbesondere bei Drogendelikten – zur Abschiebung führen.

Die Vollstreckungsbehörden können nach § 456a StPO bei Ausländern (meist nach Verbüßung eines Teils der Strafe) von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe absehen und den Verurteilten stattdessen abschieben. Gegen diese Maßnahme kann man sich nicht wehren, man hat auch keinen Anspruch darauf.

Folgen einer Verurteilung

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