Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige

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Strafbefreiende steuerliche Selbstanzeige

Mehr zum Thema:

1) Steuerstrafverfahren

2) Die fehlgeschlagene Selbstanzeige

 

Nach der letzten Änderung des Rechts der strafbefreienden Selbstanzeige im Jahr 2011 und dem Scheitern des Steuerabkommens mit der Schweiz wurden zum Jahreswechsel 2014/2015 die Anforderungen an eine wirksame Strafbefreiung bei der Korrektur hinterzogener Steuern erneut geändert. Das neue Gesetz ist seit dem 1. Januar 2015 in Kraft und gilt für alle Selbstanzeigen, die ab diesem Datum beim Finanzamt eingehen.

Ausdrücklich erklärtes Ziel des Gesetzgebers zur Neufassung des Paragraphen 371 AO ist eine deutliche Verschärfung der Anforderungen an eine Strafbefreiung. Demgegenüber konnten sich politische Forderungen nach einer gänzlichen Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige nicht durchsetzen (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung; Bundestags-Drucksachen 18/3018, 18/3161 und 18/3439).

Steuerliche Selbstanzeige

Steuerliche Selbstanzeige

Neuer 10-Jahres-Zeitraum

Absatz 1 der zentralen Regelung zur Strafbefreiung durch eine Selbstanzeige in § 371 der Abgabenordnung (AO) lautet in der neuen Fassung wie folgt:

Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

Mit dieser Regelung wird rechtliches Neuland betreten. Denn bisher knüpfte die Regelung zur Strafbefreiung an die strafrechtlichen Verjährungsfristen an. Von dieser Systematik hat sich der Gesetzgeber nun verabschiedet.

Durch die neu eingefügte Klausel, wonach die Nacherklärung sich mindestens auf die „letzten zehn Kalenderjahre“ beziehen muss, soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige einen Vorteil daraus ziehen, dass die strafrechtliche und die steuerliche Verjährung nach unterschiedlichen Regeln berechnet werden.

Die Neuregelung kann als Kompromiss angesehen werden. Auf der einen Seite sollte den politischen Forderungen nach Verschärfung der Selbstanzeige nachgegeben werden. Insbesondere nach den öffentlich bekannt gewordenen und vielfach diskutierten (fehlgeschlagenen) Selbstanzeigen durch Uli Hoeneß und Alice Schwarzer war es der Öffentlichkeit nicht mehr zu vermitteln, dass Steuerhinterziehungen, die teilweise 30 Jahre oder länger zurück reichen, nur noch bezüglich der letzten fünf Jahre (in besonders schweren Fällen zehn Jahre) strafbar sein sollen.

Zunächst war politisch diskutiert worden, diese Divergenzen bei der Verjährung ganz abzuschaffen. Dem ist von Seiten der Wissenschaft entgegen getreten worden. Denn die abgestuften Verjährungsfristen sind Teil eines ausgewogenen Regelungsgefüges, welches die gesamte Rechtsordnung durchzieht. Hätte man punktuell mit Blick auf ganz bestimmte Formen von Steuerhinterziehung die Verjährungsregeln „über den Haufen geworfen“, so wäre das System aus den Fugen geraten.

Zu dem von vielen Fachleuten befürchteten Flickwerk ist es – zumindest in diesem Punkt – nicht gekommen. Stattdessen hat man es bei den bisherigen Fristen zur Berechnung der Verjährung belassen. Das Grundgerüst der steuerlichen und strafrechtlichen Verjährung wurde nicht angetastet. Mit der jetzt in Kraft getretenen Neufassung verabschiedet sich der Gesetzgeber allerdings von dem Grundsatz, dass für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige ausschließlich auf die (in der Regel kürzere) strafrechtliche Verjährung geschaut wird. Stattdessen müssen nun immer –  unabhängig ob strafrechtlich bereits verjährt oder nicht – mindestens zehn Jahre in einer Selbstanzeige mit aufgenommen werden, wenn es in diesem Zeitraum zu Steuerverkürzungen gekommen ist.

Grundsätzlich verjährt die Straftat der Steuerhinterziehung in fünf Jahren. Die strafrechtliche Verjährung beginnt mit der sogenannten Beendigung der Tat. Bei einer Einkommenssteuerhinterziehung (also den typischen Fällen der Hinterziehung ausländischer Kapitalerträge auf Schweizer Bank-Konten) ist dies regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem ein Steuerbescheid bekannt gegeben wurde. Durch die letzte Gesetzesänderung aus dem Jahr 2011 wurde für Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung zwar eine zehnjährige strafrechtliche Verjährungsfrist eingeführt. Diese zehnjährige Verjährung kam bisher jedoch nur in größeren Fällen zur Anwendung, da Hinterziehungsbeträge von über 50.000 Euro (in Zukunft 25.000 Euro) pro Jahr in der Praxis die Ausnahme darstellen.

Von der strafrechtlichen Verjährung zu unterscheiden ist die steuerliche Festsetzungsfrist. Damit ist der Zeitraum gemeint, innerhalb dessen das Finanzamt bei Bekanntwerden neuer Tatsachen Steuern neu festsetzen – also vor allem erhöhen –  darf. Die Festsetzungsverjährung beträgt im Regelfall vier Jahre, in Fällen vorsätzlicher Steuerhinterziehung indes zehn Jahre.

In älteren Lehrbücher zum Steuerstrafrecht findet sich noch der Hinweis, dass eine Selbstanzeige nur für den strafrechtlichen noch nicht verjährten Zeitraum abgegeben werden sollte. Denn nur für diesen Zeitraum machte sie unter dem Aspekt Sinn, dass der Steuerpflichtige eine drohende Strafverfolgung vermeidet. Noch vor einigen Jahren war es dementsprechend in der steuerberatenden Praxis nicht üblich, bei der Anfertigung einer Selbstanzeige etwas über den Zeitraum zwischen strafrechtlicher und steuerlicher Verjährung zu sagen. Dieses steuerstrafrechtliche Niemandsland erstreckt sich in der Regel über fünf Jahre. Man verließ sich darauf, dass das Finanzamt eine Festsetzung im Grenzbereich entweder „vergisst“ oder man sich mit dem Sachbearbeiter zumindest im Wege der Schätzung auf einen Betrag einigt, der günstiger ist als die Realität.

Diese Praxis hatte sich spätestens seit dem Jahr 2010 verändert. Denn durch die öffentliche Diskussion und die Vielzahl der bekannt geworden Selbstanzeigen gerieten die reuigen und anzeigewilligen Steuersünder immer mehr unter Druck. Die meisten Berater empfahlen daher in den letzten Jahren ohnehin schon, die steuerlich noch nicht verjährten Altjahre in eine Selbstanzeige mit aufzunehmen. In den wenigen Fällen, in denen dies nicht geschah, waren die Selbstanzeigen zwar im Hinblick auf ihre strafbefreiende Wirkung unangreifbar. Die Betroffenen sahen sich jedoch einem erheblichen Druck des Finanzamts ausgesetzt, auch Zahlen aus dem steuerlichen Niemandsland zwischen strafrechtlicher und steuerlicher Verjährung offen zu legen. Es kostete schon nach der bisherigen Praxis einige Nerven, sich auf einen solchen Streit mit dem Finanzamt, der in jüngerer Zeit regelmäßig in eine unangenehme Schätzung mündete, einzulassen.

Bezüglich des Korrektur-Zeitraums ändert sich durch die Neuregelung für die tatsächliche Handhabung der Selbstanzeigen auf den ersten Blick daher nicht wirklich viel. Denn schon seit einigen Jahren wurden durch diejenigen Berater, die ihr Handwerk verstehen, fast immer alle Jahre erklärt, die steuerlich noch nicht verjährt waren, d.h. üblicherweise zehn Jahre (in der Praxis – wegen der Anlaufhemmung der Verjährungsfrist – sogar 12 bis 13 Jahre).

Fallstricke bei der Selbstanzeige in der Praxis

Die Neuregelung birgt gleichwohl erhebliche Tücken. Denn spätestens seit 2011 sind Teil-Selbstanzeigen (zumindest im Hinblick auf eine einzelne Steuerart, also beispielsweise Einkommenssteuer) nicht mehr wirksam. Ein Sachverhalt, der einmal dem Finanzamt bekannt wurde, kann seitdem auch nicht mehr nachgebessert oder korrigiert werden – was bekanntermaßen Uli Hoeneß zum Verhängnis wurde.

Genau hierin liegt das Problem der Neufassung: Die meisten Steuerbürger, die sich zum Schritt der Selbstanzeige entscheiden, werden zwar bereit und in der Lage sein, die Steuerrückstände der letzten zehn Jahre zu begleichen. Das Problem ist, dass sie nicht immer im Stande sein werden, die weit zurück liegenden Steuerschulden zweifelsfrei und unangreifbar zu berechnen. Für die Praxis der Selbstanzeige-Beratung bedeutet das, dass in vielen Fällen kein Steueranwalt mehr eine Garantie für die Wirksamkeit der Anzeige geben kann. Es ist zu befürchten, dass diese Hürden dazu führen werden, dass sich immer mehr Bürger gegen eine Selbstanzeige entscheiden werden – was zu erheblichen Steuerausfällen der staatlichen Gemeinschaft führen könnte.

Gerade für lange zurück liegende Steuerjahre ist es in der Praxis oft schwierig bis unmöglich, die genauen Zahlen der hinterzogenen Steuern bis auf den Cent genau zu ermitteln. Es wird daher in Zukunft sehr viele Selbstanzeigewillige geben, die – obwohl sie bereit wären, die Steuern zu bezahlen – keine Selbstanzeige abgeben, da dies mit unkalkulierbaren strafrechtlichen Risiken behaftet wäre.

An diesem Punkt setzt die Kritik an der Neufassung der Selbstanzeige an, wonach sich die politische Diskussion viel zu sehr auf die typischen Fälle des „Schweizer Auslandskontos“ konzentriert hat. Dabei wurde durch den Gesetzgeber – wohl aus populistischen Überlegungen heraus – außer Betracht gelassen, dass derartige Fälle, die die Öffentlichkeit empören, im Alltag des Steuerstrafverteidigers nur einen kleinen Ausschnitt darstellen.

Steuerhinterziehungen tauchen in der Praxis des Steueranwalts in vielfältigen alltäglichen Fallgestaltungen auf – von der Prostituierten oder den Gastwirt, die nicht sorgfältig ihre Einnahmen verbuchen bis hin zum Unternehmen, in dem durch Schlamperei Umsatzsteuervoranmeldungen verspätet eingereicht werden. In all diesen Fällen macht eine Korrektur Sinn – und liegt im Interesse der Allgemeinheit. Den betroffenen Unternehmern werden durch die Neufassung indes in Zukunft erhebliche Steine in den Weg gelegt.

Wenn beispielsweise ein Handwerksbetrieb im letzten Jahr und auch schon einmal vor zehn Jahren „Schwarzgelder“ eingenommen hat und diese nun der korrekten Steuer zuführen will, steht er nach der Neufassung vor erheblichen Schwierigkeiten. Zwar droht ihm bezüglich des Falles, der zehn Jahre zurück liegt, eigentlich keine Strafverfolgung mehr. Um jedoch das letzte Jahr wirksam zu korrigieren, muss er auch den weit in der Vergangenheit zurückliegenden Sachverhalt dem Finanzamt melden. Wenn er dies nicht oder nicht vollständig tut, droht ihm die Unwirksamkeit der Selbstanzeige.

Verschärft wird das Problem durch eine Neufassung der Wiederaufnahmegründe: Wenn der Sachverhalt aus der fernen Vergangenheit dem Finanzamt erst später bekannt würde, droht eine Wiederaufnahmemöglichkeit gemäß § 398a Absatz 3 AO in der neuen Fassung. Dort ist geregelt, dass die Wiederaufnahme eines nach einer Selbstanzeige abgeschlossenen Verfahrens zulässig ist, wenn die Finanzbehörde nachträglich erkennt, dass die Angaben unvollständig oder unrichtig waren.

Angesichts der Tatsache, dass sich die Zahlen für die weit in der Vergangenheit zurückliegenden Jahre kaum jemals zweifelsfrei rekonstruieren lassen, stellt sich aus Beratersicht ein weiteres Problem. Denn da man in einer solchen Konstellation nicht umhinkommen wird, für die Altjahre Schätzungen anzugeben, ist es niemals ausgeschlossen, dass das Finanzamt der durch den Berater vorgenommenen im Rahmen der Selbstanzeige unausweichlich erforderlichen Schätzung nicht uneingeschränkt folgt. Ein Steueranwalt oder Steuerberater kann aus diesem Dilemma nur entkommen, indem er die Schätzung so hoch ansetzt, dass das Finanzamt sich keine Zahl vorstellen kann, die höher liegt als die eigene Schätzung zu Lasten des Mandanten. Dies kann sehr teuer werden. Gerade in Betrieben mit schwankenden Einnahmen (man denke nur an Kunsthändler, Prostituierte oder Unternehmensgründer aus dem IT-Bereich) werden entsprechende Negativ-Schätzungen zu Steuerforderungen führen, die sehr viel höher liegen, als sie der Realität entsprechen.

Bemüht sich ein Berater hingegen um realistische Zahlen, so kann er seinem Mandanten niemals die Wirksamkeit der Selbstanzeige garantieren. Denn es kann nicht vorausgesagt werden, welche Schätzung das Finanzamt im Ergebnis für richtig halten wird.

Letztlich begibt man sich durch die Neufassung in die Hände des Finanzbeamten und muss auf dessen guten Willen hoffen.

Flucht in die anonyme Strafanzeige?

Die neugeschaffene Möglichkeit der Wiederaufnahme des Strafverfahrens gemäß § 398a Absatz 3 AO n.F. führt zu weiteren Merkwürdigkeiten. Ausdrücklich geregelt ist dort der Fall, dass jemand eine Selbstanzeige abgibt, bei welcher sich im Nachhinein herausstellt, dass sie den Anforderungen an das Vollständigkeitsgebot nicht genügt.

Nicht von der Norm erfasst ist indes folgender Fall:

Ein Steuerpflichtiger hat vor einem Jahr sowie vor 10 Jahren Schwarzeinnahmen nicht erklärt und dadurch Steuern hinterzogen. Er entscheidet sich angesichts der vielen Unwägbarkeiten der Selbstanzeige dazu, eine anonyme Anzeige beim Finanzamt einzureichen, mit welcher die korrekten Zahlen bezüglich des letzten Jahres dem Finanzamt mitsamt den dazugehörigen Beweismitteln übermittelt werden. Der zweite Sachverhalt, d.h. derjenige, der 10 Jahre zurück liegt, wird in dem Schreiben nicht erwähnt.

Wie erwartet kommt es zu der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bezüglich der im Vorjahr begangenen Steuerhinterziehung.

Wenn der hinterzogene Gesamtbetrag die jeweils ortsüblichen Grenzwerte nicht überschreitet (in Bayern kann man nach einer Daumenregel von einem Maximalbetrag von 10.000,00 Euro ausgehen), ist mit einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage oder einem Strafbefehl mit einer Geldstrafe, die unter 90 Tagessätzen liegt (also nicht zu einer Eintragung im Führungszeugnis, d.h. einer Vorstrafe, führt) zu rechnen.

Die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage oder ein Strafbefehl können im Zweifel billiger sein, als die Risiken, die man eingeht, wenn man eine korrekte Selbstanzeige nach der neuen Rechtslage unter Berücksichtigung der letzten zehn Jahre abgibt.

Ein weiterer Vorteil der anonymen bewusst fehlerhaften Anzeige besteht darin, dass die in der Vergangenheit liegenden Sachverhalte, die dem Finanzamt nicht bekannt sind, bald auch steuerrechtlich verjähren – und damit nicht wieder aufgegriffen werden können. Selbst für diejenigen Jahre, die Gegenstand eines Strafverfahrens waren, tritt nach dessen Abschluss sogenannter Strafklageverbrauch ein, d.h. auch diesbezüglich kann man sicher sein, dass das Verfahren nicht zu Ungunsten des Steuerpflichtigen wieder aufgenommen wird.

Angesichts dieser merkwürdigen Ergebnisse stellt sich für Berater die Frage, wann man überhaupt noch zu einer „klassischen“ Selbstanzeige raten kann, wenn die Durchführung eines Strafverfahrens nicht nur „billiger“, sondern auch in den Risiken und Nebenwirkungen berechenbarer ist.

Ob ein Steueranwalt an dem hier vorgestellten Modell der bewusst unvollständigen pseudo-anonymen Anzeige mitwirken darf, oder ob dabei die Grenzen anwaltlicher Pflichten und Rechte überschritten werden, wird in Zukunft noch diskutiert werden.

Wie auch immer man zu den Streitpunkten steht – eines ist sicher: Wenn sich solche quasi-legalen Taktiken wie aus dem Beispiel in der Praxis durchsetzen, hätte der Gesetzgeber sein Ziel, welches mit der Neufassung der Selbstanzeige verfolgt wurde, deutlich verfehlt.

Die Selbstanzeige wird teurer

Bei der letzten Änderung der Abgabenordnung aus dem Jahr 2011 wurde eine Grenze eingeführt, bis zu der eine Steuerhinterziehung ohne Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrages stets straffrei bleibt. Diese Grenze betrug bisher 50.000 Euro – wobei sich der Betrag auf die Hinterziehung einer Steuerart pro Jahr bezieht. Sie wurde mit Geltung ab dem 1. Januar 2015 auf 25.000 Euro herabgesenkt.

Die Höhe des Strafzuschlags wird zukünftig nach dem Hinterziehungsvolumen gestaffelt. Bei einer Hinterziehung von über 100.000 Euro sollen 10 %, zwischen 100.000 Euro und 1 Millionen Euro 15 % und bei mehr als einer Millionen Euro 20 % der hinterzogenen Steuern zusätzlich gezahlt werden. Dieser Strafzuschlag tritt zusätzlich zu den ohnehin nach der Abgabe der Selbstanzeige fällig werdenden nachzuentrichtenden Steuern.

Darüber hinaus wird in allen Fällen die Straffreiheit künftig zusätzlich davon abhängig gemacht, dass neben den nachzuerhebenden Steuern auch die fälligen Hinterziehungszinsen innerhalb einer bestimmten gezahlt werden. Für das typische Rentner-Ehepaar, das seine Altersersparnisse in der Schweiz gelagert hatte, dürfte diese Hürde in der Regel kein Problem darstellen. In den Fällen, bei denen das Geld nicht ausreicht, um neben den Steuern auch noch die Zinsen nachzubezahlen, kann die neu eingeführte Zinszahlungs-Obliegenheit jedoch dazu führen, dass von einer Selbstanzeige abzuraten ist. Dieses Ziel hat der Gesetzgeber wohl kaum verfolgt, ist jedoch die logische Konsequenz, wenn das Geld knapp ist.

Die Zinsen betragen 6 % pro Jahr, wobei Zinseszinsen unberücksichtigt bleiben. Dogmatisch stellt die Nichtbezahlung von Zinsen, die zu den sogenannten steuerlichen Nebenleistungen gehören, keine Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 AO dar. Die Tatsache, dass nun die Bezahlung der Zinsen konstitutiv für die Erlangung der Straffreiheit sein soll, stellt ein Novum dar und bedeutet einen Bruch mit der bisherigen Dogmatik des Rechts der Selbstanzeige.

Wiedereinführung der Teil-Selbstanzeige bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer

Erfreulich ist, dass der Gesetzgeber zumindest in einem Teilbereich die Nöte gesehen hat, in die die Neufassung der Selbstanzeige in alltäglichen Fällen aus dem gewerblichen Bereich führen kann. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Umsatzsteuer-Voranmeldungen, die regelmäßig monatlich zum 10. des Folgemonats abgegeben werden müssen, verspätet oder unvollständig eingereicht werden. Meist liegt dies nicht am bösen Willen des Unternehmers, sondern beispielsweise an mangelnder Abstimmung zwischen Unternehmensbereichen, Zeitdruck oder Versäumnissen in der Sphäre des Steuerberaters. In Reaktion auf die Probleme in der Praxis nach Abschaffung der Teil-Selbstanzeige aus dem Jahr 2011 war sogar eine Verwaltungsanweisung (Nummer 132 Absatz 2 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV (St) 2014) erlassen worden, die dem Finanzamt Augenmaß auferlegte und klar stellte, dass nicht jede verspätete oder unvollständige Voranmeldung gleich zu der Einleitung eines Strafverfahrens führen soll.

Formal ist schon durch die bloße Verspätung der Tatbestand der Steuerhinterziehung vollendet. Es liegt jedoch auf der Hand, dass das Damokles-Schwert der Unwirksamkeit einer Selbstanzeige bei derartigen alltäglich anfallenden Steuerkorrekturen unangebracht wäre.

Um Auswüchse zu verhindern wurde daher in § 371 Absatz 2a AO neuer Fassung eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung und der Lohnsteueranmeldung eingeführt. Wenn die Entdeckung einer Umsatzsteuer- oder Lohnsteuerhinterziehung darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde, steht der Sperrgrund der Tatentdeckung der Korrektur nicht mehr entgegen. Dies gilt allerdings nicht für die Umsatzsteuer- bzw. Lohnsteuer-Jahreserklärung und auch nicht für andere Anmeldesteuern.

Soweit im Rahmen einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung künftig  vorangegangene Ungenauigkeiten bei den Voranmeldungen korrigiert werden, wurde durch die Neufassung des Gesetzes nun klar gestellt, dass es für die Wirksamkeit der darin liegenden Selbstanzeige keiner gesonderten Korrektur der einzelnen Voranmeldungszeiträume bedarf.

Erweiterte Sperrgründe

Die Gründe, die eine wirksame Selbstanzeige ausschließen, wurden in § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO noch einmal neu gefasst und erweitert. Im Wesentlichen wurden hierbei Streitfragen geklärt, die seit der letzten Gesetzesänderung aus dem Jahr 2011 aufgekommen waren.

Am wichtigsten dürfte sein, dass der Sperrgrund der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung zukünftig auch dann gilt, wenn diese zwar nicht dem Steuerpflichtigen, wohl aber andere Beteiligten, also Anstiftern und Gehilfen, bekannt gegeben wurden.

Anlaufhemmung bei Kapitalerträgen aus Nicht-EU-Staaten

Die Anlaufhemmung für die steuerliche Verjährung der Festsetzung von unversteuerten Kapitalerträge aus Nicht-EU-Staaten wurde verlängert. Dies gilt jedoch nur für Einkünfte aus Staaten oder Territorien, die weder am automatischen Datenaustauschverfahren teilnehmen noch Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind.

Diese sogenannte „Schurkenstaaten-Klausel“ dürfte jedoch kaum praktische Bedeutung haben, da der Großteil aller typischen „Steuerparadiese“ entweder Mitglied der EU ist oder das europäische Freihandelsabkommen unterzeichnet hat.

Übergangsregelungen

Eine ausdrückliche Übergangsregelung findet sich in der Neufassung der Abgabenordnung nicht. Der Gesetzgeber geht vielmehr ausdrücklich davon aus, dass eine solche nicht erforderlich sei (vgl. BT-Drucksachen 18/3439, dort S. 7, Absatz 3).

Es gilt damit die allgemeine Regelung des § 2 Absatz 3 Strafgesetzbuch (StGB). Danach ist bei Fällen, die noch nicht abgeschlossen sind, im Falle einer Gesetzesänderung das jeweils mildere Gesetz anzuwenden.

Das bedeutet für Selbstanzeigen, die bereits vor dem 1. Januar 2015 abgegeben wurden, dass diese im Hinblick auf die Verschärfungen (d.h. insbesondere den 10-Jahres-Zeitraum und die Betragsgrenze von 25.000 Euro) nach altem Recht behandelt werden.

Für diejenigen Altfälle, bei denen Strafverfahren beispielsweise wegen unvollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden, eröffnen sich interessante Verteidigungsspielräume. Denn soweit die entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, ist es durchaus denkbar, dass nach der Neufassung die Erleichterungen des neu gefassten § 371 Absatz 2a AO eingreifen. Dies ist in jedem Einzelfall zu prüfen.

Fazit

Zwar dürften die meisten Fälle mit Geldanlagen in Schweiz, Österreich, Liechtenstein oder Luxemburg noch im Jahr 2014 „abgearbeitet“ worden und daher von der Neufassung des Gesetzes nicht betroffen sein. Es kommen aber immer wieder neue Fälle mit Auslandsbezug hinzu – wie beispielsweise die Gruppenanfrage im Mai 2018 bezüglich etwaiger Steuerhinterziehungen bei Airbnb-Vermietern.

In vielen anderen Fallkonstellationen, insbesondere bei Selbstanzeigen im unternehmerischen Bereich, wird § 371 AO jedoch auch weiterhin ein wichtiges steuerliches Korrekturinstrument bleiben.

Für diese Fälle wird es auch nach der Neufassung schwierige rechtliche Streitfragen geben, die nur noch von Spezialisten gehandhabt werden können.